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Sozialverhalten:Im Restaurant zahlt eher der Mann - immer noch

Die klassische Rollenverteilung von Mann und Frau löst sich in vielen Bereichen auf. Aber wenn es darum geht, wer im Restaurant die Rechnung übernimmt, werden Männer zu Kavalieren der alten Schule - und Frauen lassen sich das meist gerne gefallen.

Von Katrin Blawat

Zusammen oder getrennt? Und falls einer die Rechnung für beide übernimmt - sollte dann der Mann zum Geldbeutel greifen und sich damit als Kavalier der alten Schule erweisen? Oder ist diese Rollenverteilung nicht inzwischen hoffnungslos überholt - und es damit Sache der emanzipierten Frau, im Restaurant für beide zusammen zu bezahlen?

Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, interviewten amerikanische Forscher um David Frederick von der kalifornischen Chapman University mehr als 17.000 Frauen und Männer. "Wir wollten verstehen, warum manche geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen widerstandsfähiger gegenüber Veränderungen sind als andere", sagt Frederick.

Dass Frauen ihr eigenes Geld verdienen, sei inzwischen zum Beispiel weithin selbstverständlich. Bei einem Date im Restaurant hingegen bevorzugen viele Frauen wie Männer noch immer das konventionelle Kavaliersverhalten, berichteten die Forscher am Sonntag auf der Jahrestagung der Amerikanischen Soziologischen Gesellschaft in New York.

Der Mann zahlt - wenn schon nicht alles, dann doch zumindest den größten Teil -, die Frau lässt sich einladen: So sollte es laufen, gaben 84 Prozent der befragten Männer und 59 Prozent der Frauen an. Diese Rollenverteilung hielten die meisten nicht nur beim ersten Treffen für angebracht, sondern auch dann noch, wenn beide schon mehrmals zusammen ausgegangen sind.

Zumindest herrscht also weitgehend Einigkeit über das angemessene Zahlverhalten, könnte man nun denken.

Doch so eindeutig, wie es zunächst erscheint, ist die Situation im Restaurant dann doch nicht. Zwar sagten mehr als die Hälfte der befragten Frauen, sie würden anbieten, sich an den Kosten zu beteiligen. Dabei rechneten jedoch 39 Prozent der Studienteilnehmerinnen fest damit, dass ihr Angebot abgelehnt wird - und fanden es zum Teil sogar höchst irritierend, sollte der Mann tatsächlich auf das Angebot eingehen.

Auch aufseiten der Männer sind die Einstellungen widersprüchlich. Einerseits gaben fast zwei Drittel der Männer an, dass sich eine Frau wenigstens ab und zu an den Kosten eines Dates beteiligen solle. Für 44 Prozent war das sogar eine Voraussetzung dafür, um sich weiter zu treffen. Andererseits berichteten drei Viertel der Männer, sie fühlten sich schuldig, wenn die Frau die Rechnung für beide übernimmt.

Dennoch sehen die Forscher auch Anzeichen für einen allmählichen Wechsel im Rollenverständnis - nur müssen sich Mann und Frau dafür schon besser kennen. So berichteten etwa drei Viertel der Befragten, dass sich innerhalb des ersten halben Jahres ihrer Beziehung beide Partner an den Kosten eines Restaurantbesuches beteiligen würden.

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Quelle:
SZ vom 12.08.2013/mcs
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