Sozialverhalten:Guter Schweiß, schlechter Schweiß

Daniel Theis

Igitt, Schweiß.

(Foto: dpa)

Wer stinkt mehr, wer weniger? Forscher untersuchen, warum Menschen fremde Körpergerüche unterschiedlich eklig finden.

Von Mathias Tertilt

Das Gefühl von Ekel ist alles andere als angenehm - aber durchaus nützlich. Es bewahrt Menschen vor Kontakt mit Krankheiten, Bakterien und schädlichen Pilzen. Deshalb halten Menschen auch Abstand zu Leuten, die übel riechen. Aber ist das immer so? Finden Menschen Schweißgeruch vielleicht ganz dufte, wenn er zum Beispiel vom besten Freund kommt?

Dieser eher unappetitlichen Fragestellung ist das Forscherteam um den Psychologen Stephen Reicher an der St. Andrews Universität in Schottland nachgegangen. In zwei Experimenten sollten Studenten einordnen, wie sie auf Schweiß reagieren, der von Kommilitonen der eigenen und einer rivalisierenden Hochschule stammte.

Guter Schweiß, schlechter Schweiß

Im ersten Versuch mussten sich 45 Studenten von der Universität Sussex in ein Rollenexperiment begeben. Mal sollten sie sich vorstellen, ein Repräsentant ihrer Hochschule zu sein, mal Student einer x-beliebigen Universität. Ihre anschließende Aufgabe war wenig angenehm, aber immerhin im Dienste der Wissenschaft: Sie mussten an einem verschwitzten T-Shirt riechen, das mit dem Logo einer konkurrierenden Universität bedruckt war. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter hatte es zuvor eine Woche lang bei Tag und Nacht getragen. Die Fragestellung der Forscher ist einfach: Empfinden die Probanden den Schweißgeruch als weniger schlimm, wenn er von einem Gleichgesinnten kommt?

In der Tat, schreiben die Forscher im Fachmagazin PNAS. Wer im Experiment den gewöhnlichen Studenten mimte, der fand den Geruch weniger schlimm. Er hatte sich zuvor höchstwahrscheinlich mit dem vermeintlichen Shirtträger identifiziert.

Die Anderen riechen strenger

Auch in der zweiten Untersuchung mussten sich Probanden der St. Andrews University in eine Rolle begeben. Sie sollten entweder einen Student irgendeiner Universität oder aber einen Repräsentanten ihrer Hochschule spielen. Sie bekamen anschließend drei Shirts vorgelegt. Das erste sollte einem Studenten ihrer Hochschule gehören, das zweite einem Studenten einer anderen Hochschule, das letzte schließlich einem Fremden. Die Überlegung der Forscher: Was fremd und anders ist, das sollte auch ekeliger sein.

Anschließend beobachteten sie, wie schnell sich die Probanden nach dem Geruchstest die Hände desinfizierten. Besonders eilig hatten es diejenigen, die am Shirt der fremden Hochschule schnüffelten. Wer nicht zur selben Gruppe gehörte, der verursachte ein stärkeres Ekelgefühl. Was die Versuchsteilnehmer nicht wussten: Die Shirts unterschieden sich gar nicht. Alle Shirts hatte ein und dieselbe Mitarbeiterin für einen einstündigen Jogginglauf getragen.

Auch in diesem Versuch zeigte sich, dass jene Studenten gut mit fremdem Schweißgeruch zurechtkamen, die sich keiner Uni besonders zugehörig fühlen. "Es hängt damit zusammen, wie wir uns selbst definieren", sagt Stephen Reicher. Die eigene Rolle und Zugehörigkeit an der Uni beeinflusst, wen Studenten zu Gleichgesinnten zählen - und wen nicht. Besteht wenig Identifikationspotenzial mit einer bestimmen Hochschule, war der Schweißgeruch meist egal.

"Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Gruppengefühl nicht nur unsere soziale Wahrnehmung beeinflusst, sondern auch die Sinneswahrnehmung von Gerüchen", schlussfolgert Reicher in seiner Studie. Seine Ergebnisse nimmt er als Beleg dafür, wie wichtig es ist, Menschen ohne Vorurteile und Diskriminierung zu begegnen.

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