Süddeutsche Zeitung

Rosetta-Mission:Feuerwerk auf dem Kometen

Komet "Tschuri" ist am sonnennächsten Punkt seiner Reise angelangt, die Hitze lässt Gasfontänen emporschießen. Raumsonde "Rosetta" hat das Spektakel beobachtet.

Von Robert Gast

Der Komet Tschurjumow-Gerassimenko erreicht an diesem Donnerstag den sonnennächsten Punkt seiner Reise. Seit knapp einem Jahr umrundet die Esa-Sonde Rosetta den vier Kilometer großen Felsbrocken mit dem Spitznamen "Tschuri", dessen Form an eine Badeente erinnert. Derzeit ist der Komet etwa 185 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, er bewegt sich zwischen den Umlaufbahnen von Erde und Mars.

Für die an Rosetta beteiligten Wissenschaftler ist die Annäherung an die Sonne der Höhepunkt der 1,4 Milliarden Euro teuren Mission. Seit Monaten wird es auf dem Kometen immer wärmer, dieser Tage soll es dort stellenweise bis zu 80 Grad heiß sein, teilt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit. Die hohen Temperaturen lassen den tiefgefrorenen Felsklumpen auftauen. Seit Wochen gelangt immer mehr Gas und Staub ins All, pro Sekunde sind es aktuell einige Hundert Kilogramm. Meistens verdampft das Eis an der Oberfläche und reißt Staubpartikel mit.

Manchmal befördert Tschuri Partikel besonders kraftvoll ins All. Einen solchen Ausbruch konnte kürzlich eine an Bord von Rosetta installierte Kamera fotografieren (siehe Bild). Zu diesem Zeitpunkt war die Sonde 186 Kilometer vom Kometen entfernt. In den Tagen danach prasselten zehnmal so viele Staubteilchen wie gewöhnlich auf eines der Messgeräte der Raumsonde. Eines der Instrumente an Bord lieferte außerdem Hinweise darauf, dass der Ausbruch für einige Minuten den Sonnenwind zurückgedrängt hat, der den Kometen ansonsten umweht.

Noch wissen die Forscher nicht, ob das aufgefangene Material tatsächlich aus dem Inneren des Kometen stammt oder bloß von seiner Oberfläche. Am meisten interessiert Wissenschaftler die Materie, die im Inneren schlummert. Dieses Material soll mehr als vier Milliarden Jahre alt sein und wurde vermutlich nicht wie die Kometenoberfläche von der Hitze der Sonne verändert. Rosettas Landemodul Philae sollte den Kometen daher eigentlich anbohren, was jedoch nicht gelang.

In sechseinhalb Jahren wird Tschuri das nächste Mal den sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn erreichen. Zunächst kehrt der Komet aber in die Nähe der Umlaufbahn des Jupiters zurück. Rosetta wird Tschuri auf diesem Weg vermutlich noch ein Jahr lang begleiten. In den kommenden Wochen hoffen die Forscher noch auf weitere spektakuläre Ausbrüche. Bei anderen Kometen hat sich gezeigt, dass sie am aktivsten sind, wenn sie ihren sonnennächsten Punkt bereits passiert haben. Ein anderes, von Kometen bekanntes Schauspiel wird die Sonde vermutlich nicht beobachten. Das DLR geht nicht davon aus, dass Tschuri bei seiner Reise um die Sonne auseinanderbricht.

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Quelle:
SZ vom 13.08.2015
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