Solarenergie in Afrika:Kalte Getränke in der Wüste
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Eine Berliner Firma verkauft in Afrika Mini-Solaranlagen. Der Clou ist die eingebaute Handy-Karte, die Fernwartung aus Deutschland erlaubt.
Von Ralph Diermann
Der Mobilfunk hat in vielen Staaten Afrikas eine kleine Revolution ausgelöst. Millionen Menschen bekommen heute über das mobile Internet Zugang zu Informationen und Bildungsangeboten. Mit Diensten wie M-Pesa können sie unabhängig von den Banken per SMS Geld überweisen. Auch in vielen ländlichen Regionen des Kontinents ist das Mobilfunknetz mittlerweile gut ausgebaut.
Ganz im Gegensatz zum Stromnetz. In Ost- und Westafrika haben etwa zehn Prozent der Menschen auf dem Land einen Elektrizitätsanschluss. Ihre Handys laden sie meist an Generatoren, die mit teurem Diesel betrieben werden.
"Ein großer Teil der Dörfer wird niemals an das Stromnetz angeschlossen werden, weil das viel zu teuer wäre", sagt Thomas Duveau vom Berliner Unternehmen Mobisol. Seine Firma bietet den Menschen inzwischen eine Alternative: Sie verkauft in Tansania, Ruanda und Kenia kleine Solaranlagen mit Batterien, mit denen Haushalte ihre eigene Stromversorgung aufbauen können. Es gibt die Systeme in fünf Größen von 30 bis 200 Watt. Die kleinste liefert genug Strom, um zwei LED-Lampen zu betreiben und vier Handys pro Tag zu laden. Mit den größeren Systemen können die Kunden zudem einen Kühlschrank oder einen Fernseher versorgen.
EU-Förderprogramm für 125 Millionen Euro
In ländlichen Regionen ist ein solcher Ansatz meist sinnvoller als der Ausbau der Stromnetze, sagt Gordon Appel von der Hilfsorganisation Ingenieure ohne Grenzen, die sich für Energie-, Wasser- und Sanitärprojekte in Entwicklungsländern engagiert. "Durch die Installation dezentraler, Netz-ferner Anlagen lassen sich hohe Infrastrukturkosten vermeiden."
Das sieht die EU ähnlich. Sie hat im vergangenen Jahr ein 125 Millionen Euro schweres Förderprogramm aufgelegt, das in neun afrikanischen Staaten Investitionen in eine dezentrale Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien anstoßen soll. Ziel ist es, mehr als drei Millionen Menschen Zugang zu Elektrizität zu verschaffen. Das Geld fließt unter anderem in Mini-Biogasanlagen im Senegal und in kleine Wasserkraftwerke auf Madagaskar.
Auch die Anlagen, die Mobisol in Ruanda installieren wird, subventioniert die EU mit ihrem Programm. Die Firma ist längst nicht das einzige Solarunternehmen, das den afrikanischen Markt für sich entdeckt hat. Was das Unternehmen jedoch von vielen anderen Anbietern unterscheidet, ist die Verknüpfung von Photovoltaik und Mobilfunk. Die Anlagen enthalten eine Sim-Karte, die laufend Daten zur Leistung des Solarsystems an das Unternehmen übermittelt. Kommt es zu einer Störung, schickt Mobisol einen der 200 Techniker, die in der Region für die Firma arbeiten.
Die Kunden verkaufen den Solarstrom an ihre Nachbarn
Auch der Zahlungsverkehr läuft über Mobilfunk. Statt die Anlage vorab zu finanzieren, bezahlen die Käufer nach der Installation drei Jahre lang jeden Monat über M-Pesa eine Rate an Mobisol. Sollte jemand die monatlichen Zahlungen einstellen, hat Mobisol die Möglichkeit, die Anlage über die integrierte Sim-Karte aus der Ferne stillzulegen.
Was aber nur selten vorkommt, berichtet Duveau. Die Ausfallquote liege unter zwei Prozent. "Ein großer Teil unserer Kunden nutzt die Solaranlage, um damit Geld zu verdienen", sagt er. Viele Besitzer laden mit dem System die Handys ihrer Nachbarn auf; manche betreiben einen Kühlschrank, um kalte Getränke zu verkaufen, oder ein TV-Gerät für öffentliche Sportübertragungen. Duveau rechnet vor: "Die Achtzig-Watt-Anlage kann zehn Handys gleichzeitig laden. Unsere Kunden erzielen damit im Durchschnitt einen Umsatz von achtzig bis hundert US-Dollar im Monat. Die Rate beläuft sich nur auf 21 Dollar."
15 000 Anlagen hat Mobisol bislang installiert. Die Zahl werde sich in den nächsten Jahren vervielfachen, erwartet Duveau. So hat das Unternehmen mit der Regierung von Ruanda vereinbart, 50 000 Haushalte und Schulen mit den Solarsystemen auszustatten.