Solarenergie:Blei auf dem Dach

Phovoltaik gilt als klimaschonend und emissionsfrei. Doch es gibt ein Problem: Viele Solarmodule enthalten giftige Schwermetalle, die bei falscher Entsorgung in die Umwelt gelangen können. Dabei gibt es längst Alternativen.

Ralph Diermann

Klimaschonend, umweltfreundlich, emissionsfrei: So wirbt die Photovoltaikbranche für ihre Produkte. Doch hundertprozentig grün ist die Sonnenenergie nicht. Etliche Solarmodule enthalten giftige Schwermetalle.

Solarpark Freiberg

Etliche Solarmodule enthalten giftige Schwermetalle. Das ist im Betrieb keine Gefahr, aber werden die Module nicht fachgerecht entsorgt, gelangt Blei in die Umwelt.

(Foto: dapd)

Einige Hersteller von Dünnschichtzellen zum Beispiel verwenden eine Verbindung des giftigen Cadmiums als Halbleiter. Und die kristallinen Siliziummodule, die fast vier Fünftel des Gesamtmarkts ausmachen, enthalten Blei, insgesamt bis zu dreißig Gramm in einem 230-Watt-Modul von anderthalb mal einem Meter Größe. Der Stoff gilt als gesundheitsschädlich, weil er die Sauerstoffversorgung der Körperzellen hemmt.

Das ist im Betrieb keine Gefahr, aber werden die Module nicht fachgerecht entsorgt, gelangt Blei in die Umwelt. In Elektrogeräten wie Computern oder Waschmaschinen ist es längst tabu, seit die Europäische Union die Verwendung von Schwermetallen reglementiert hat. Solarmodule hat die EU jedoch von dem Verbot ausgenommen, um den Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion nicht zu behindern.

Blei erfüllt in Photovoltaikzellen nur Hilfsdienste. Zum einen ist das Material im Lotzinn enthalten, mit dem die Solarzellen verbunden werden. Zum anderen ist es Bestandteil der Silberpaste, die im Zuge der sogenannten Metallisierung auf die Zellen gedruckt wird, um den Strom abzuleiten.

Zwingend nötig ist das Schwermetall in beiden Fällen nicht. "Technisch ist es machbar, auch bleifreie Lote zu verwenden", sagt Harry Wirth vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. So lässt sich das Schwermetall im Lotzinn zum Beispiel durch Silber ersetzen. Und für die Metallisierung könnten die Hersteller Tantal oder Wismut statt Blei verwenden.

Allerdings nutzt bislang kaum ein Unternehmen die umweltfreundlichen Alternativen, vor allem aus Kostengründen: "Bleifreie Lote sind teurer", sagt Wirth. Zudem erfordere der Verzicht auf das Schwermetall höhere Temperaturen beim Löten, was indirekt Mehrkosten verursache. Auch für Metallisierungspasten ohne Blei müssen die Hersteller tiefer in die Tasche greifen.

Dazu komme hier ein Problem mit der Verfügbarkeit, erklärt Holger Neuhaus, der die Forschungstochter des Bonner Photovoltaikkonzerns Solarworld leitet: "Wir hängen bei der Metallisierungspaste stark von den Zulieferern ab. Die Mengen an bleifreiem Material, die wir brauchen, werden gegenwärtig noch nicht angeboten."

Die Nachfrage der Modulhersteller sei einfach zu gering. Deshalb verlangt er von der EU, die Photovoltaik in die entsprechende RoHS-Richtlinie aufzunehmen. Dann wäre der Bedarf an bleifreien Pasten so hoch, dass die Lieferanten schnell ihre Produktion umgestellt hätten, erwartet Neuhaus.

Fraunhofer-Forscher Wirth fordert hingegen von der Solarindustrie, ohne EU-Vorgaben auf Schwermetalle zu verzichten. Für ihn ist das eine Frage der Glaubwürdigkeit: "Wenn die Branche mit Begriffen wie 'grün' und ,nachhaltig' werben will, sollte sie schleunigst damit aufhören, Blei oder Cadmium zu verwenden."

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