Wie stur jemand auf seiner eigenen Meinung beharrt, ist auch eine Frage des Testosteronspiegels. Schluckten junge Frauen Tabletten mit dem Sexualhormon, ließen sie sich anschließend weniger auf die Ansichten anderer Probandinnen ein und verhielten sich egozentrischer als ihre Geschlechtsgenossinnen, die eine Placebopille genommen hatten. Das berichten Neurowissenschaftler um Nicholas Wright vom University College London ( Proceedings of the Royal Society B, online).
"Wenn wir Entscheidungen in der Gruppe treffen, müssen wir abwägen zwischen Kooperation und Eigeninteresse", sagt Wright. "Achten wir nur auf Zusammenarbeit, kommen vielleicht unsere eigenen Ziele zu kurz. Sind wir aber zu sehr auf uns selbst fokussiert, ignorieren wir leicht das hilfreiche Wissen anderer Personen."
Bei dieser Abwägung sorgt Testosteron dafür, dass die eigenen Interessen nicht zu kurz kommen, wie die Forscher zeigten. In Zweierteams sollten sich die Probandinnen einigen, welches von zwei Bildschirm-Mustern die stärkeren Kontraste aufwies. Die Muster wurden kurz hintereinander präsentiert, und die Unterschiede waren sehr gering.
Dabei waren die Probandinnen ohne Testosteron deutlich im Vorteil. Sie diskutierten unvoreingenommener darüber, was jede von ihnen wahrgenommen hatte, und waren eher bereit, sich die Meinung der Partnerin anzuhören. In der Testosteron-Gruppe hingegen war eine solche Abstimmung die Ausnahme. Frauen, zuvor eine Hormonpille geschluckt hatten, ließen sich kaum von ihrer Meinung abbringen. Das egozentrische Verhalten führte zu deutlich schlechteren Trefferquoten als in der Placebo-Gruppe.
Wie eine frühere Studie gezeigt hat, kann Testosteron jedoch auch die Bereitschaft zur Kooperation erhöhen - aber nur, wenn sich die Beteiligten dadurch materielle Gewinne oder gesellschaftliches Ansehen erhoffen. Testosteron führt nämlich auch dazu, dass Menschen solche Verdienste stärker schätzen. In den Londoner Versuchen hingegen gab es keinerlei Belohnung für die richtige Antwort.