Sex-Androiden:Roboter mit Orgasmus-Garantie

Nach dem Sex den Partner einfach abspülen und wegstellen: Roboter sollen das Liebesleben verbessern. Schwachsinn, sagen die einen. Reine Gewöhnungssache, die anderen. Vom möglichen Nutzen einer bescheuerten Idee.

Von Christian Weber

Es war einfach die naheliegende Lösung, schon wegen der Touristen. Nachdem immer fiesere Mutationen des HI-Virus und der ständige Ärger mit dem illegalen Menschenhandel die Rotlichtbranche in Amsterdam nach 2040 in Verruf gebracht hatten, mussten die Stadträte einfach handeln. Sie bauten auf die Hilfe der Ingenieure und Software-Entwickler.

Bereits zehn Jahre später hat sich der Yub-Yum-Club im Grachtengürtel von Amsterdam als führendes Bordell der Stadt etabliert, sehr beliebt bei Geschäftsreisenden. Für einen Eintritt von 10.000 Euro können sich die Besucher alle Wünsche erfüllen; Hunderte leicht geschürzte Blondinen und Brünette in exotischer Wäsche, aber auch muskulöse Männer stehen bereit - für alles von Massage bis Sex in plüschiger Umgebung.

Besonders praktisch: Alle Dienstleister im Yub-Yum bestehen aus antibakteriellen Kunstfasern, nach jedem Gebrauch werden sie ordentlich abgespült, sodass blöde Infektionen der Vergangenheit angehören. Denn bei ihnen handelt es sich um Erotik-Androiden fortgeschrittener Bauart.

So lautet die ernst gemeinte Phantasie, die der Tourismusforscher Ian Yeoman von der University of Wellington und die Sexualtherapeutin Michelle Mars Anfang 2012 in der Fachzeitschrift Futures unter dem Titel "Robots, men and sex tourism" skizzierten. Darin überlegen die beiden, ob es nicht an der Zeit wäre, das menschliche sexuelle Erleben auf wissenschaftlicher Grundlage zu optimieren - für beide Geschlechter, schreiben sie: "Roboter-Liebhaber, sensibel für die Nuancen der Erregung, programmiert mit sexuellem Wissen, über das kaum ein Mann verfügt, fähig zu andauernder Stimulation und immer verfügbar -sie wären garantiert populär." Und dazu noch abwaschbar!

Ist es also an der Zeit, auch in den Betten des 21. Jahrhunderts den Kohlenstoff-Wasserstoff-Chauvinismus zu überwinden? So bezeichnet der Philosoph Thomas Metzinger die seiner Ansicht nach fragwürdige Annahme, nur Menschen aus Fleisch und Blut seien für alle Zeit die einzigen höherstehenden, zu Bewusstsein fähigen Lebensformen.

Das erotische Angebot wiegt 54 Kilo

Wird also der Autor und KI-Forscher David Levy recht behalten, der in seinem 2007 erschienenen Buch "Love and Sex with Robots" bis 2025 die Entwicklung von Robotern prognostiziert, die emotional empfänglicher seien als der durchschnittliche amerikanische Mann? Gegen 2050 seien dann die ersten Heiraten zwischen Mensch und Maschine zu erwarten. Schwachsinn? Reine Gewöhnungssache, versichert Levy im Wissenschaftsmagazin Scientific American: "Menschen, die mit allen möglichen elektronischen Gimmicks aufwachsen, werden androide Roboter als ganz normale Freunde, Partner und Liebhaber akzeptieren können."

Es sind kühne Visionen, die uns die Futuristen da auftischen. Und sie erscheinen reichlich verwegen, wenn man sich die ersten Prototypen auf dem Markt anschaut. So präsentierte etwa das Unternehmen TrueCompanion auf der Erotikmesse "Adult Entertainment Expo" in Las Vegas am 9. Januar 2010 die 170 Zentimeter große und 54 Kilogramm schwere, interaktive Sexpuppe Roxxxy.

Beim Spitzenmodell Roxxxy Gold für 6995 Dollar kann der Käufer unter anderem Frisur, Haar- und Hautfarbe bestimmen sowie eine chipgesteuerte Persönlichkeit auswählen - etwa "Frigid Farrah" oder "S&M Susan". Sie antwortet, wenn man sie anspricht und ruckelt bei unsittlichen Berührungen mit ihren Intimbereichen. Und ja: "Alle unsere Roboter können einen Orgasmus haben", versichert die Firma. Auf den Demovideos gleicht Roxxxy dennoch eher einer Missgeburt aus katatonischer Gummipuppe und blechern stöhnender Heizdecke.

Ein erotisch attraktives Angebot ist das noch nicht, wobei man künftige Fortschritte natürlich nicht ausschließen kann: Wer weiß, was uns 2050 erwartet, wenn sich etwa die heute schon beliebten Vibratoren ähnlich weiterentwickeln wie jene Wundermaschinen, die man früher Telefone nannte? Und bis dahin könnten die mehr oder weniger agilen Sex-Roboter der Gegenwart für die Einsamen und Unbefriedigten der Gegenwart - so Levy - eine nette Alternative zum Bordell sein.

Dass die Überlegung nicht nur absurd ist, zeigt eine Anekdote aus Südkorea, die vor einigen Jahren die Zeitung The Chosun Illbo kolportiert hat. Nachdem dort der Gesetzgeber 2004 die Prostitution verboten hatte, stiegen die einschlägigen Unternehmer auf sogenannte Puppen-Erlebnis-Zimmer um, wo sich die Freier für 25 Dollar die Stunde mit lebensechten Silikon-Sex-Dolls paaren können.

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