Serie: Bio bizarr (5):Mörderische Geschwister

Das Verhältnis von Brüdern und Schwestern ist auch bei Menschen oft schwierig. Doch ihre Konflikte erscheinen harmlos im Vergleich zu dem, was bei manchen Tieren los ist.

Barbara Galaktionow

Die Lebensspanne vieler Tüpfelhyänen ist nur kurz: Kaum auf die Welt gekommen, befinden sie sich schon in einem erbitterten Kampf mit ihrem Geschwister. Das blutige Gemetzel endet erst, wenn eines der beiden Jungtiere tot ist.

Serie: Bio bizarr (5): Diese Tüpfelhyäne hat den mörderischen Kampf am Lebensbeginn überlebt.

Diese Tüpfelhyäne hat den mörderischen Kampf am Lebensbeginn überlebt.

(Foto: Foto: "Appaloosa", veröffentlicht unter GNU-Lizenz)

Für die erste - und oft auch letzte - Auseinandersetzung ihres Lebens sind die Raubtiere ungewöhnlich gut gerüstet: Sie kommen bereits mit voll entwickelten Schneide- und Eckzähnen auf die Welt. Doch warum gehen die Hyänengeschwister mit einer solchen Brutalität aufeinander los?

Das Verhältnis von Brüdern und Schwestern ist ja auch bei Menschen oft schwierig. Bereits als Kinder triezen sie sich auf alle erdenkliche Weise, und selbst als Erwachsene konkurrieren sie oft noch um Aufmerksamkeit und Liebe ihrer Eltern - wenn sie den Kontakt zueinander nicht schon längst abgebrochen haben. Doch so heftig Auseinandersetzungen unter menschlichen Geschwistern auch geführt werden, sie enden nur selten mit Mord.

Lieber ein Starker als viele Schwache

Konflikte unter Brüdern und Schwestern sind auch im Tierreich keine Seltenheit. Sie entstehen im Allgemeinen, wenn die Mitglieder einer Brut mehr Nahrung und Zuwendung verlangen, als die Eltern aufbringen können, wie Verhaltensbiologe Peter Kappeler schreibt (Peter Kappeler: Verhaltensbiologie, Berlin - Heidelberg, 2006). So verenden die schwächsten Nachkommen mancher Wildschweinarten gelegentlich beim Kampf um die beste Zitze - sie werden brutal abgedrängt oder erdrückt (s. Natalie Angier: One thing They Aren't: Maternal, in: NYT Mai 9/2006).

Auch bei einer Reihe von Vögeln kann der Kampf um die Nahrung eskalieren: Zartere Konkurrenten werden zu Tode gepickt oder einfach weggedrängt. "Besser ein starker Nachkomme als ein Nest voll mit Schwächlingen", scheint hier das unbarmherzige Gesetz der Natur zu lauten, wie Verhaltensforscher Laurence Frank schreibt (When hyenas kill their own, New Scientist, 5/1994).

Doch häufig ist der Kampf ums Fressen offenbar gar nicht das ausschlaggebende Motiv für den Geschwistermord: Einige Tiere töten ihre Brüder oder Schwestern ganz unabhängig davon, wie sich die Ernährungssituation darstellt.

So stürzt sich zum Beispiel ein zuerst geschlüpfter Schreiadler ohne viel Federlesens auf sein Geschwister, sobald dieses das Licht der Welt erblickt. Er setzt sich auf den offensichtlich höchst unwillkommenen Nachzügler, erdrückt ihn oder tötet ihn durch Schnabelhiebe, wie das Online-Wissensmagazin scinexx.deberichtete. Kainismus lautet der Fachterminus für dieses Verhalten bei einigen Greifvogelarten - in Anlehnung an die biblische Geschichte des neidischen Kain, der seinen kleinen Bruder Abel erschlug.

Was treibt die Tüpfelhyäne zum Geschwistermord? Lesen Sie weiter auf Seite zwei.

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