An einem Tag im Sommer ging in Oklahoma das Licht aus. Ein Erdbeben der Stärke 4,2 erschütterte die Kleinstadt Edmond und verursachte einen Stromausfall. Vor zehn Jahren wäre so etwas noch vollkommen undenkbar gewesen. "Bevor Fracking aufkam, war Oklahoma ein aseismischer Bundesstaat", sagt Marco Bohnhoff, Seismologe am Geoforschungszentrum Potsdam. Auf den offiziellen Gefährdungskarten war der Staat ein weißer Fleck, Erdbeben traten dort im Prinzip nicht auf.
Aber Anfang der 2000er-Jahre begannen die Energiekonzerne, die Gesteine im Untergrund im großen Stil aufzubrechen, um das dort in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten gespeicherte Erdöl und Methan zu gewinnen. Dabei entstehen Abwässer, die anschließend im Untergrund entsorgt werden; der Umfang dieser Verpressung verdoppelte sich binnen weniger Jahre.
In der Folge begann ein immenser Anstieg der seismischen Aktivität, von der Oklahoma inzwischen mehr verzeichnet als das erdbebengebeutelte Kalifornien. 2016 registrierten die Wissenschaftler 623 Erdstöße mit einer Magnitude von mindestens 3,0 - und Oklahoma hat jetzt seine eigene Erdbebenbehörde.
Erdbeben durch Fracking sind ein weitverbreitetes Missverständnis
Die Vorgänge im Zentrum der USA sind Teil eines weltweit auftretenden Phänomens: vom Menschen verursachte Erdbeben. Zum Teil haben sie mit dem sogenannten Hydraulic Fracturing zu tun, auch Fracking genannt, und der damit oft verbundenen Abwasserverpressung. Das ist aber längst nicht mehr der einzige Auslöser. Sogenannte induzierte Seismizität droht auch infolge von Bergbau, Staudämmen, Geothermie, der Entnahme von Grundwasser und CO₂-Einlagerungen im Untergrund. Im Prinzip bei allen Vorgängen, bei denen der Mensch in das Spannungsfeld der Gesteinsschichten eingreift.
Das kann beim Fracking zwar durchaus der Fall sein. Die durch den eigentlichen Prozess ausgelösten Beben sind allerdings kaum an der Oberfläche spürbar. Fracking als Auslöser für Erdbeben zu bezeichnen, ist ein weitverbreitetes Missverständnis. Die anschließende Abwasserverpressung greift wesentlich stärker in die unteren Gesteinsschichten ein.
Methan und Erdöl können beispielsweise in Schiefer oder Sandstein lagern. Die Rohstoffe lassen sich dort aber nicht direkt fördern, sie sind im Gestein eingeschlossen. Um dieses aufzubrechen, pressen die Förderkonzerne beim Fracking große Mengen eines Gemischs aus Wasser, Sand und Chemikalien in den Untergrund. Der Druck führt zum Bruch, es entstehen künstliche Risse im Gestein. Gas oder Öl werden freigesetzt.
Die eingesetzten Flüssigkeiten sind danach nicht mehr verwendbar. Die Förderkonzerne pumpen dieses Abwasser zurück in den Untergrund. Die eingepresste Flüssigkeit verändert den Druck innerhalb des Gesteins und verursacht dadurch feine Risse. Das Gestein wird destabilisiert und Spannung umgeschichtet. Die Folge können Erdbeben sein.
Solche Erschütterungen werden oft von Kritikern des Fracking herangezogen, um auf die Risiken der Technologie hinzuweisen. Allerdings entstehen nicht nur beim Fracking, sondern auch in der herkömmlichen Förderung von Öl und Gas Abwässer, die einen Großteil der verpressten Fluide in Oklahoma ausmachen.