Tiere:Schlaflos im Ozean

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Unter Wasser können Nördliche See-Elefanten nicht ausschlafen. Sie müssen fressen und sich vor Feinden in Acht nehmen. (Foto: imago stock&people/imago stock&people)

Viele Tiere können sich lange Ruhepausen nicht leisten, weil sie sonst zu wenig fressen - zum Beispiel See-Elefanten. Sie legen aber öfter mal einen Power-Nap ein und trudeln dann unkontrolliert dem Meeresboden entgegen.

Von Tina Baier

Wer wieder einmal eine unruhige Nacht hatte, weil die Kinder nicht schlafen wollten oder der Partner geschnarcht hat, könnte beim Kaffeekochen zum Trost an den Nördlichen See-Elefanten denken. Diese Tiere bekommen nämlich mit ziemlicher Sicherheit noch weniger Schlaf - zumindest während der sieben Monate, die sie jedes Jahr im Meer verbringen, ohne je an Land zu gehen.

In dieser ganzen Zeit schlafen die See-Elefanten eigentlich gar nicht richtig, sie gönnen sich lediglich einige "Power-Naps", die nie länger als zwanzig Minuten dauern. Insgesamt kommen sie so auf maximal zwei Stunden Schlaf pro Tag. Das haben Wissenschaftler kürzlich herausgefunden, indem sie 13 See-Elefanten eine Art Kappe aufgesetzt haben, die unter anderem die Gehirnaktivität, den Herzschlag und die Bewegungen der Tiere aufzeichnete.

Mehr Schlaf können sich die See-Elefanten nicht leisten. Zum einen, weil die großen Tiere - Bullen werden länger als vier Meter, Weibchen immerhin drei - permanent fressen müssen, um ihren Energiebedarf zu decken. Zum anderen, weil sie gleichzeitig auch noch aufpassen müssen, nicht selbst von einem Weißen Hai oder einem Orca gefressen zu werden. Außerdem müssen See-Elefanten regelmäßig auftauchen, um Luft zu holen. Da bleibt kaum Zeit zum Ausruhen.

Andere Tiere in ähnlicher Situation bekommen mehr Schlaf, weil sie die Kunst beherrschen, ihre Gehirnhälften einzeln abzuschalten. Delfine und Seebären zum Beispiel lassen eine Hälfte entspannt dösen, während die andere sozusagen Wache steht und aufpasst, ob jemand kommt.

See-Elefanten können das nicht. Die Autoren der aktuellen Studie, die im Wissenschaftsjournal Science erschienen ist, haben herausgefunden, dass die Tiere wortwörtlich in den Schlaf gleiten: Erst tauchen sie aktiv in die Tiefe, dann hören sie auf zu schwimmen und gleiten weiter, bis sie in einen so genannten Slow-Wave-Schlaf fallen, den es auch beim Menschen gibt. Im Enzephalogramm sind während dieser Phase langsame Gehirnwellen mit Frequenzen zwischen 0,5 und etwa 3 Hertz zu sehen. Bei den See-Elefanten folgt darauf eine Schlafphase, in der die Tiere komplett die Kontrolle aufgeben, sich umdrehen und in einer Spirale langsam nach unten trudeln. Eines der Tiere, das die Wissenschaftler beobachteten, fiel in diesem Zustand 377 Meter tief, bevor es aufwachte und wieder nach oben paddelte, um Luft zu holen. Manche landeten auch auf dem Meeresgrund und schlummerten dort noch ein Weilchen weiter.

Auch wenn es so klingt: Diese Schlafstrategie ist nicht unbedingt riskanter als die der Tiere, die die ganze Zeit mit einer Hälfte ihres Gehirns aufpassen. Denn in den Tiefen, in denen See-Elefanten fest schlafen, treiben sich kaum noch Feinde herum.

Auch viele andere Tiere können es sich nur selten leisten, wirklich tief zu schlafen. Für die meisten ist es nicht einfach, ihr Schlafbedürfnis mit der Notwendigkeit zu fressen zu vereinbaren und gleichzeitig auch noch zu vermeiden, selbst gefressen zu werden. Pferde zum Beispiel schlafen meist im Stehen, jederzeit bereit zur Flucht. Kühe müssen ihre Ruhephasen nutzen, um wiederzukäuen. Und Fregattvögel fliegen beim Schlafen einfach weiter. Im Vergleich dazu haben die meisten Menschen trotz diverser Störfaktoren doch eine einigermaßen komfortable Schlafsituation.

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