Schweinegrippe:Kampf um Ägyptens Schweine

Vor dem Hintergrund der Schweinegrippe lässt Kairo in den Armenvierteln 350.000 Tiere schlachten - ein brisantes Vorhaben.

Karin El Minawi, Kairo

Obwohl bis jetzt kein einziger Fall in Ägypten registriert wurde, hat die Regierung beschlossen, alle 350.000 Schweine des Landes schlachten zu lassen. Am Wochenende wurden bereits 28.000 Tiere zu Schlachthöfen gefahren. Sind die Schweine nicht infiziert, wird das Fleisch zum Verzehr freigegeben und verkauft, der Gewinn an die Züchter verteilt. Außerdem erhalten sie eine Entschädigung von bis zu 35 Euro pro Tier.

Die Tierhalter sehen dadurch ihre Existenz bedroht. Die ägyptische Tageszeitung Al Masry al Youm berichtet, dass einige deswegen ihre Schweine in die Wüste verfrachten wollen, um sie vor dem Schlachtmesser zu bewahren. Es kam zu mehreren Zusammenstößen zwischen Polizei und Schweinebesitzern.

"Unsere Schweine sind saubere Schweine. Sie bekommen nur ausgesuchten Müll und Essensreste zu fressen", sagt Schweinezüchter Samir Said. Er lebt in der Müllstadt in Mansheyat Nasser, einem Armenviertel südlich von Kairo. Dort wird der Müll aus ganz Kairo hingebracht, mit bloßen Händen von den überwiegend koptisch-christlichen Bewohnern aussortiert. Den organischen Abfall bekommen die Schweine zu fressen.

Samir Said hält nichts von den Kampagnen des Gesundheitsministeriums und der Massenschlachtung. Der ägyptische Gesundheitsminister Hatem El Gabaly begründet das Keulen der Schweine als allgemeine Gesundheitsvorsorgemaßnahme. Und das, obwohl Fachleute sagen, durch den Verzehr von Schweinefleisch sei die Übertragung des Schweinegrippevirus nicht möglich. Die wollen trotzdem kein Risiko eingehen und kurzen Prozess machen. Die Mehrheit der ägyptischen Bevölkerung stört das kaum, denn Muslime essen ohnehin kein Schweinefleisch, die Tiere gelten als unrein. Nur zehn Prozent der 80 Millionen Ägypter sind Christen.

Der Regierung sind die Schweinegehege wegen der unhygienischen Verhältnisse schon lange ein Dorn im Auge. Nach Angaben des Sprechers des Gesundheitsministeriums, Abdelrahman Shahin, will die Regierung die Situation nun nutzen, um alle Schweine loszuwerden. Doch so schnell wird das nicht gehen: Sechs Kühlhäuser, die eine Kapazität von bis zu 700 Tonnen haben, weigerten sich am Wochenende, das Fleisch anzunehmen. Sie wollen kein Schweinefleisch bei sich lagern, weil sie befürchten, dass dann die muslimischen Kunden ausbleiben.

Das Landwirtschaftsministerium kündigte an, dass die Massenschlachtungen noch drei bis vier Wochen dauern könnten. Die Gehege sollen in abgelegene Gebiete verlegt werden, die Schweinezüchtung könnte in zwei Jahren vielleicht wieder aufgenommen werden. Den Schweinezüchtern nützt das im Moment jedoch nichts: Sie befürchten, dass nach dieser drastischen Maßnahme, die international verurteilt wird, nicht nur ihre Schweine dahin sind, sondern auch ihre Lebensgrundlage.

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