Schweinegrippe in Mexiko:"Potenzial einer Pandemie"

Noch weiß niemand, wie viele Menschen mit dem in Mexiko grassierenden neuen Grippe-Erreger infiziert sind. Die WHO bezeichnet die Lage als ernst, trifft aber vorerst keine Maßnahmen.

Die in Mexiko und den USA ausgebrochene Schweinegrippe könnte nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine weltweite Epidemie auslösen. Ob es jedoch wirklich dazu kommen werde, sei noch zu früh zu sagen, erklärte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Samstag in Genf, wo ein Krisenstab der Weltgesundheitsorganisation zu einer Sondersitzung zusammengekommen ist.

Mexiko, Schweinegrippe, AP

In Mexiko-Stadt wurden öffentliche Gebäude geschlossen und Schutzmasken verteilt.

(Foto: Foto: AP)

Die WHO wird vorerst keine weiteren Maßnahmen wegen des gefährlichen Grippevirus treffen, wurde bei dem Treffen beschlossen. Bei Gefahr für die Weltbevölkerung kann die WHO Reise- sowie Handelsbeschränkungen empfehlen, die von den Nationalstaaten umgesetzt werden müssen.

Die Organisation wertete die jüngsten Ereignisse in Nordamerika als "Ereignis von internationalem Belang für die öffentliche Gesundheit". Derzeit werde die Entwicklung mit einer "3" auf der von 1 bis 6 reichenden WHO-Pandemie-Alarm-Skala bewertet.

Die Schweinegrippe habe das "Potenzial einer Pandemie", also einer weltweiten Ausbreitung, erklärte Generaldirektorin Chan. Der Ausbruch stelle eine ernsthafte Situation dar. Die Krankheit, die von Experten bislang nur ungenügend verstanden werde, verbreite sich schnell. Bislang gebe es aber keine Hinweise darauf, dass die Grippe auch in anderen Teilen der Welt ausgebrochen sei.

In Mexiko und im Süden der USA grassiert derzeit eine von einem bislang unbekannten Virus verursachte Schweinegrippe. Nach Angaben der WHO starben in Mexiko bis zu 68 Menschen an der Seuche. Mehr als 1000 Menschen sind möglicherweise erkrankt.

Die WHO bestätigte, dass auch in den USA eine neue Form der Schweinegrippe aufgetreten sei. Verursacht wird die Erkrankung nach bisherigen Erkenntnissen durch einen neue Variante des Schweinegrippfen-Virus A/H1N1.

Die New Yorker Gesundsheitsbehörden schließen nicht aus, dass sich Schüler eines städtischen Gymnasiums mit Schweinegrippe infiziert haben. Acht von neun Proben hätten gezeigt, dass es sich "vielleicht" um das Virus handeln könne, sagte Gesundheitskommissar Thomas Frieden am Samstag. Die Proben müssten aber erst weiter untersucht werden. An der Schule hatten sich am Donnerstag und Freitag rund 200 Schüler krankgemeldet, mit etwa der Hälfte von ihnen habe die Behörde gesprochen. "In jedem einzelnen Fall war die Krankheit mild. Viele der Kinder fühlen sich wieder besser", sagte Frieden.

Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger sagte derweil dem Virus den Kampf an. Er kündigte an, rigoros und gründlich gegen die Seuche vorzugehen. In Kalifornien infizierten sich bislang sechs Menschen.

Keine Veranstaltungen in Mexiko-Stadt

In Mexiko-Stadt, der am stärksten betroffenen Region des Landes, hat der Bürgermeister für zunächst zehn Tage alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt. Die Stadt habe genug Medikamente zur Behandlung der mit dem neuartigen Virus infizierten Menschen, sagte Marcelo Ebrard. Jetzt gehe es vor allem auch darum, eine Ausbreitung der Infektionserkrankung zu verhindern.

Mehrere Länder der Region, darunter Nicaragua, Kolumbien und Brasilien, erhöhten ihre Kontrollen. An Flughäfen wurden aus Mexiko kommende Passagiere speziell untersucht, ankommende Waren kontrolliert. In Japan mussten sich am Samstag alle Passagiere eines Fluges aus Mexiko Fieber messen lassen, um ein Einschleppen der Schweinegrippe zu verhindern.

Deutschland hat bislang noch keine konkreten Maßnahmen ergriffen. Die Situation werde aber sehr genau beobachtet, betonten das Auswärtige Amt und das Robert-Koch-Institut (RKI). Das RKI schließt nicht aus, dass sich der Erreger auch in andere Länder ausbreitet.

"Die Fälle, die wir in Mexiko und den USA haben, zeigen, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist", sagte Institutssprecherin Susanne Glasmacher. "Wir sind im Gespräch mit den Bundesländern, um Empfehlungen für Flughäfen zu geben." In dem Fall, dass spezielle Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden müssten, seien die jeweiligen Gesundheitsämter zuständig.

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