Schweinegrippe in Mexiko:"Die Stadt wirkt leer - es ist gruselig"

Viele Mexikaner fürchten sich vor dem Schweinegrippe-Virus, andere sehen die Sache gelassen. Stimmen aus vier mexikanischen Regionen.

Marcel Burkhardt

Vicente Leal Leos, 63, Arzt in Reynosa, einer Millionenstadt an der Grenze zu den USA, Bundesstaat Tamaulipas

Schweinegrippe in Mexiko: Arzt Vicente Leal Leos sieht derzeit keinen Grund zur Panik.

Arzt Vicente Leal Leos sieht derzeit keinen Grund zur Panik.

(Foto: Foto: oH)

"Viele meiner Patienten haben Angst, sich mit der Schweinegrippe anzustecken seitdem sie wissen, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Sie sind durch Zeitungen und das Fernsehen alarmiert. Aber die große Panik ist deshalb nicht bei uns ausgebrochen, das Leben geht weiter und das ist auch gut so. Bisher gab es noch keinen Ansteckungsfall in unserer Stadt.

Ich rate meinen Patienten trotzdem, Atemschutzmasken zu tragen und große Menschenmassen zu meiden. Wenn das Virus hier ausbrechen sollte, werden wir es mit Tamiflu bekämpfen. Es bleibt aber die Frage, ob das Mittel für alle ausreichen würde. Unter den ersten Opfern der Schweinegrippe waren viele, die keinen Zugang zu geeigneten Medikamenten hatten und die nichts über das Virus wussten. Ich persönlich sehe die Lage aktuell unter Kontrolle und hoffe auch, dass die Grenzen offen bleiben. In zwei Wochen wollen meine Frau und ich nämlich unsere Tochter in Deutschland besuchen."

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Alejandra Esparragoza, 27, Beamtin in Mexiko-Stadt

"Wenn ich hier aus dem Fenster schaue, sehe ich niemanden in dem Café sitzen, das sonst um diese Zeit immer voll ist. Auch in den Supermärkten ist nichts los. Die Stadt wirkt leer, es ist gruselig. Für meinen Weg zur Arbeit brauche ich sonst mit dem Auto mehr als eine Stunde, seit ein paar Tagen schaffe ich die Strecke in 25 Minuten. Und das, obwohl keine U-Bahnen fahren. Jeder, der kann, bleibt zu Hause.

Ich muss aber arbeiten. Nur Kolleginnen mit Kindern dürfen daheim bleiben, weil die Schulen geschlossen sind. Wir anderen in unserem Institut haben die Anweisung bekommen, auch bei der Arbeit Atemmasken zu tragen. Klar habe ich Angst vor der Schweinegrippe. Trotzdem versuche ich, so gut es geht zu leben. Ich trage die Maske, ziehe mich warm an und hoffe, mir nichts einzufangen."

Schweinegrippe vor der Haustür

Roberto Deligios, 33, Fotograf und Restaurantbesitzer in Tulum, im Bundesstaat Quintana Roo, an der Ostküste Yucatáns

Schweinegrippe in Mexiko: Roberto Deligios spürt in seinem Ort Tulum bislang keine Auswirkungen der Schweinegrippe.

Roberto Deligios spürt in seinem Ort Tulum bislang keine Auswirkungen der Schweinegrippe.

(Foto: Foto: oH)

"Von der Schweinegrippe haben wir hier noch nichts gemerkt. Wir lesen darüber in der Zeitung, aber Mexiko-Stadt ist weit weg, fast schon eine andere Welt. Zwar sind auch bei uns die Schulen geschlossen. Unser Restaurant ist aber geöffnet - wie jedes andere Restaurant und Geschäft in der Stadt. Die Touristen, mit denen ich hier so spreche, nehmen es bisher gelassen.

Auch als Gesellschaftsfotograf habe ich bisher Gott sei Dank keine Einbußen, weil die US-Amerikaner nach wie vor für ihre Traumhochzeiten in die Luxus-Ferienressorts hierher kommen. Also, alles bestens bei uns: la vida regular."

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Laura Loya Leal, 38, Hausfrau und Mutter, im Ort Metepec, 60 Kilometer von Mexiko-Stadt entfernt

"Natürlich haben wir Angst vor der Schweinegrippe. Sie wütet ja quasi vor unserer Haustüre. Aber Gott sei Dank ist sie noch nicht bei uns angekommen. Ich bin sehr froh, dass meine beiden Kinder bei mir sind und sie bis nächsten Mittwoch nicht in die Schule gehen müssen. Wir sollen ja alle größeren Menschengruppen meiden - und deswegen sind auch hier alle Kinos, Bars und Restaurants geschlossen. Es ist sehr ruhig bei uns geworden, kaum Verkehr.

Richtig froh bin ich, dass mein Mann zurzeit nicht in Mexiko-Stadt arbeiten muss, was er sonst für eine Werbefirma macht. Gerade hat er hier in Metepec zu tun und ist dadurch erstmal raus aus der größten Gefahr."

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