Schweinegrippe-Impfung:Tote, Proteste, Mangel

Die meisten Bundesbürger sehen die Impfung gegen die Schweinegrippe mit Skepsis und Verdruss. Ein typisch deutsches Phänomen? Erfahrungen aus anderen Ländern.

Berit Uhlmann

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Todesfälle in Schweden verunsichern die Welt

Schweden startete als eines der ersten Länder die Massenimpfung mit Pandemrix - jenem Serum, das auch in Deutschland für die breite Bevölkerung vorgesehen ist. Für Verunsicherung sorgten Meldungen über Todesfälle im Anschluss an die Impfung. Nach offiziellen schwedischen Angaben starben fünf Menschen, die Behörden gehen allerdings davon aus, dass die Impfung nicht die Ursache der Todesfälle ist und verweisen darauf, dass jeden Tag mehr als 200 Schweden sterben.

In einem Fall schloss eine Autopsie die Impfung als Todesursache bereits aus, die anderen Untersuchungen laufen noch. Sicher ist, dass alle fünf Betroffenen an chronischen Grunderkrankungen wie Herzkrankheiten und Diabetes litten. Drei von ihnen waren über 75 Jahre alt, die beiden anderen 54 und 65 Jahre.

Mehr als 600 Schweden meldeten bislang Nebenwirkungen der Immunisierung. 20 Fälle stuften die Behörden als schwerwiegend ein. Dabei handele es sich vor allem um allergische Reaktionen.

Insgesamt wurden bislang 1,4 Millionen Dosen Pandemrix in dem skandinavischen Land verteilt, wie viele davon in den Oberarmen der Schweden landeten, ist nicht bekannt.

(Foto: getty)

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Schweiz lässt Impfung an Schwangeren und Kindern nicht zu

Die Schweizer Behörden sehen den Impfstoff Pandemrix derart skeptisch, dass sie ihm nur eine eingeschränkte Zulassung erteilten. Das Serum darf nicht bei Schwangeren, Kindern unter 18 Jahren und Erwachsenen über 60 angewandt werden.

Die Zulassungsbehörde Swissmedic begründete ihre Entscheidung damit, dass ihr keine Forschungsergebnisse zur Verträglichkeit in der Schwangerschaft und nur sehr wenige Daten zu Kindern vorlägen.

Der Impfstoff des britischen Pharmakonzerns Glaxo Smith Kline ist umstritten, weil er verstärkende Zusätze enthält, die stärkere Nebenwirkungen als herkömmliche Influenza-Impfungen verursachen können.

Manche Schweizer setzen unterdessen auf eine andere Prophylaxe: Händeschütteln ist in einigen Firmen tabu. Ein Button an der Kleidung weist auf diese Praxis hin.

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Österreich lässt nur Amtsärzte impfen

Wien setzt bei der Massenimpfung ausschließlich auf den Impfstoff Celvapan des Anbieters Baxter - jenen Stoff, der in Deutschland Regierung und Bundeswehr vorbehalten ist. Diesem Serum fehlt die Quecksilberverbindung für die bessere Haltbarkeit, die Pandemrix zugesetzt wurde. Die Folge: Das Serum muss nach Anbruch der Flasche innerhalb von nur drei Stunden verbraucht sein.

Das stellt die Alpenrepublik vor erhebliche logistische Herausforderungen. Die Impfung wird daher ausschließlich von Amtsärzten vorgenommen, Hausärzte kommen nicht zum Zug. Wie die österreichische Ärzte Woche berichtet, sind ein Teil der Hausärzte und einige der Patienten wenig begeistert von dieser Lösung.

Für Deutsche ist es prinzipiell möglich, sich in Österreich mit dem Impfstoff ohne Wirkverstärker und ohne Quecksilberverbindung impfen zu lassen, sie müssen allerdings die Kosten selbst tragen.

(Foto: ddp)

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USA: Impfstoffmangel bringt Obama in die Bredoullie

Fast alle Amerikaner, die derzeit mit Verdacht auf Influenza getestet werden, erhalten die Diagnose Schweinegrippe.

Schon hat die US-Seuchenbehörde CDC Notfall-Reserven an Tamiflu freigegeben, dem antiviralen Medikament, das knapp geworden war. Knapp sind auch die Impfstoffe: Eigentlich sollten bis Anfang November 120 Millionen Dosen Impfstoff ausgeliefert sein, tatsächlich sind aufgund von Produktionsverzögerungen erst 25 Millionen verfügbar.

Vor einigen Impfzentren bildeten sich lange Schlangen. Medien berichteten von aufgebrachten Eltern, die ihre Kinder schnelltstmöglich impfen wollen, aber am Mangel der Seren scheitern. Obgleich es auch in den USA viele Impfgegner gibt, hat der Impfstoffmangel bereits die politische Debatte erreicht. Präsident Barack Obama will sich in Sachen Schweinegrippe keine Versäumnisse vorwerfen lassen und rief Ende Oktober vorsorglich den Notstand aus.

Die USA setzen komplett auf Impfstoffe ohne die umstrittenen Wirkverstärker. Verabreicht werden sie durch eine Spritze oder ein Nasenspray.

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Britische Impfgegner machen mobil

Auch Großbritannien, die Heimat des Pandemrix-Produzenten Glaxo Smith Kline, ist noch nicht gut mit Impfstoffen ausgerüstet. Ehe alle Ärzte das Serum erhalten, wird der November weit fortgeschritten, wenn nicht vorbei sein.

In dem Land, das innerhalb Europas am stärksten von der Schweinegrippe betroffen ist, ist auch der Widerstand gegen die Impfung heftig. Eine Protestorganisation hängte in Birmingham Poster auf, die verkündeten: "Die Schweinegrippe ist nicht die größte Gefahr. Es ist die Impfung".

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Italien wartet auf Impfstoffe

In Italien läuft die Impfung noch schleppender an. Erst im neuen Jahr können sich nach Stand der Planungen gesunde Kinder und jüngere Erwachsene impfen lassen. Viele Ärzte halten dies für zu spät, vor allem etliche Kinderärzte wollen aus diesem Grund die Immunisierung gar nicht erst anbieten. Nach Medienberichten bleiben in italienischen Schulklassern derzeit rund ein Drittel aller Bänke frei, die Kinder sind wegen Grippeerkrankungen zu Hause. Das Land beklagt bislang insgesamt 17 Todesopfer durch die Schweinegrippe.

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Franzosen sind äußerst skeptisch

Das Pharmaunternehmen Sanofi Pasteur profitiert mit seinen Impfstoffen prächtig von der Schweinegrippe. Doch in seiner Heimat Frankreich ist die Skepsis gegenüber der Impfung mindestens so groß wie in Deutschland. Nur 17 Prozent der Bevölkerung wollen sich impfen lassen, sieben Prozent sind sich dieser Entscheidung "sehr sicher". Anfang September wollten noch 55 Prozent zum Impfen gehen.

Indes wird der französischen Gesundheitsministerin Roselyne Bachot vorgeworfen, mit ihrem Impfplan übertrieben, der Pharmabranche zu nahe zu stehen, und die Skepsis in der Bevölkerung heraufbeschworen zu haben. Die Ministerin wies die Beschuldigungen mit dem Hinweis zurück, in Frankreich habe es immer "eine starke Anti-Impfbewegung" gegeben.

(Foto: AP)

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Saudi Arabien schreibt Pilgern die Impfung vor

Wenn am 18. November die diesjährige Hadsch beginnt, sollen nach dem Willen der saudi-arabischen Regierung alle zwei bis drei Millionen Gläubige immun gegen die Schweinegrippe sein. Das Gesundheitsministerium erließ Bestimmungen, wonach kein Pilger älter als 65 Jahre oder jünger als 12 sein darf. Auch Menschen mit chronischen Grunderkrankungen wie Herz-, Nieren-, Leberkrankheiten oder Immunschwäche sollen bis auf Weiteres nicht an der Pilgerreise teilnehmen. Vorgeschrieben sind Impfungen gegen die saisonale Influenza und gegen die Schweinegrippe. Beide müssen zwei Wochen vor Beantragung des Visums erfolgt sein.

(Foto: dpa)

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Ruhe in Argentinien

In Argentinien sollen sich nach Schätzungen 20 Prozent der Bevölkerung mit dem neuen H1N1-Virus infiziert haben. Das wären acht Millionen Menschen. 580 Menschen starben an der Schweinegrippe, proportional zur Bevölkerung waren das mehr als irgendwo sonst. Obwohl in den Wintermonaten auf der Südhalbkugel noch kein Impfstoff vorhanden war, überstand das Land die erste Grippewelle. Das Thema ist inzwischen völlig aus der öffentlichen Diskussion verschwunden.

Die Erfahrungen und Ansichten unserer User können Sie hier lesen.

(Foto: AFP)

(sueddeutsche.de/kvg/joku)

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