Schweinegrippe:Furcht vor Quecksilber im Impfstoff

Der Impfstoff gegen die Schweinegrippe enthält winzige Mengen Quecksilber. Das schürt die Skepsis weiter. Zu Recht?

Werner Bartens

Der Argwohn gegen die Schweinegrippe-Impfung ist weiterhin groß. Am Montag hat die Massenimpfung in Deutschland begonnen, und viele Fragen sind offen. Pandemrix, der Impfstoff für die Bevölkerung, steht in der Kritik. Zunächst betrafen die Zweifel den Wirkverstärker AS03.

Dieses Adjuvans ist erst bei einigen Tausenden Probanden getestet worden, was im Vergleich zu anderen Wirkverstärkern wenig ist. Jetzt werden Sorgen laut, die sich auf das in Pandemrix ebenfalls enthaltene Thiomersal beziehen - eine Quecksilberverbindung für bessere Haltbarkeit. Schon wird im Internet vor dem "Nervengift" gewarnt, das die Zahl der Schwermetallgeschädigten in die Höhe treiben werde.

Thiomersal ist ein Natriumsalz und besteht zu 49 Gewichtsprozent aus Quecksilber. Dieses wird im Körper aber schneller abgebaut als beispielsweise das in Speisefisch enthaltene Quecksilber. Thiomersal tötet Erreger und wird daher seit den 1930er Jahren manchen Medizinprodukten und Impfstoffen beigemischt, um sie steril zu halten.

Skepsis an Konservierungsmitteln mit Quecksilber gibt es schon lange. In höherer Dosis kann das Umweltgift Nerven, Nieren und andere Organe schädigen. "Thiomersal ist nicht das gleiche wie das Quecksilber, das die Leute aus ihren alten Thermometern kennen", sagt Susanne Stöcker vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen, das für Impfstoffe zuständig ist. In den 1990er Jahren kam der Verdacht auf, dass Quecksilber in Impfstoffen Autismus bei Kindern begünstigen könnte. Diese Vermutung konnte aber nie belegt werden.

Arzneimittelbehörden empfehlen in den USA wie in Europa, in Impfstoffen für Kinder kein Thiomersal zu verwenden. Laut Impfkommittee der WHO gibt es "bisher aber keinen Beleg dafür, dass Thiomersal in Impfstoffen für Babys, Kinder oder Erwachsene giftig ist. Gegenwärtige Impfstrategien müssen daher nicht aus Sicherheitsgründen geändert werden."

Bestrebungen mancher Länder, Quecksilber ganz aus Impfstoffen zu verbannen, hält die WHO für eine Vorsichtsmaßnahme. "Weil viele Eltern sich ängstigen, ist der Anteil der Impfstoffe mit Quecksilber immer geringer geworden, auch wenn es keine Beweise für die Schädlichkeit gibt", sagt Susanne Stöcker. "Wie immer in der Wissenschaft kann man aber nie letztgültig beweisen, dass etwas ausgeschlossen ist." In zahlreichen Studien wurde bisher kein Hinweis auf Gefahren gefunden.

In Schweden wurden bereits 500.000 Menschen mit Pandemrix geimpft. Welche Erfahrungen die Gesundheitsbehörden dabei gemacht haben, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Erste Erfahrungen aus Schweden

Die Menge an Thiomersal, die mit der Impfung gegen die Schweinegrippe einmalig aufgenommen wird, ist gering. Sie beträgt maximal 25 Mikrogramm - davon sind 12,4 Mikrogramm Quecksilber. Zum Vergleich: Nach Analysen der Verbraucherschutzkommission der EU aus dem Jahr 2008 nehmen Europäer jede Woche durchschnittlich 96 Mikrogramm Quecksilber durch Nahrungsmittel auf, zum Beispiel Fisch.

Eine Packung Pandemrix besteht aus Durchstechflaschen mit Suspension für zehn Dosen. Wenn aber nur ein oder zwei Patienten am Tag zur Impfung kommen, muss die angebrochene Impfstoffflasche weggeworfen werden, was viele Ärzte verärgert. "Das ist produktionsbedingt so", sagt Susanne Stöcker. "Das Impfkonzept ist entstanden, als man in kurzer Zeit viel Impfstoff für viele Menschen in großer Menge haben wollte." Jetzt könne man die Befüllung nicht mehr so schnell ändern. Um die Impfstoffe länger haltbar zu machen, wurde das Thiomersal beigefügt. Statt drei bis vier Stunden können die angebrochenen Flaschen nun 24 Stunden verwendet werden.

Zwar hat die EU gerade gewarnt, dass sich bis zu ein Drittel der Bevölkerung in Europa infizieren könnte. Aber die Impfaktion läuft nur schleppend an. Das liegt auch daran, dass Pandemrix für die Bevölkerung vorgesehen ist, während Regierung und Bundeswehr den anderen Impfstoff Celvapan bekommen, der nicht besser getestet ist, aber keine Wirkverstärker und kein Thiomersal beinhaltet - und dafür nur drei Stunden haltbar ist.

Australien trifft die Influenza härter

In anderen Teilen der Welt verläuft die Schweinegrippe heftiger. In Australien mussten 722 Patienten auf Intensivstationen behandelt werden, 103 starben, wie das New England Journal of Medicine berichtet. In Schweden wird seit dem 12.Oktober mit Pandemrix geimpft, dem Impfstoff, der auch in Deutschland eingesetzt wird.

Nach etwa 500.000 Impfungen wurden 200 Meldungen über mögliche Nebenwirkungen von der schwedischen Arzneimittelbehörde registriert. Aus Sicht des Paul-Ehrlich-Instituts spiegelt diese Zahl an Zwischenfällen wider, was von den Behörden nach klinischen Tests erwartet wurde. Ob es im Zusammenhang mit der Impfung tatsächlich zu Todesfällen kam, wie Boulevardmedien berichten, ist unklar und wird noch geprüft.

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