Schweden:Wölfe durch DNS-Tests entlastet

Bislang dachte man in Schweden, dass Wölfe, Bären und Luchse regelmäßig Nutztiere reißen. Verleumdung, sagen Forscher.

Gunnar Herrmann

Es muss ein schwerer Schock für den Pferdebesitzer aus Jönköping gewesen sein, als er eines seiner Tiere blutverschmiert auf der Weide fand. Ihm war klar: Ein Raubtier hatte das Pferd angefallen, und sein Verdacht fiel schnell auf den Luchs, der in der Nähe sein Revier hat.

Der Fall erweckte in Schweden keine besondere Aufmerksamkeit, die Menschen dort sind an Angriffe von Raubtieren gewöhnt. Wölfe, Bären und Luchse suchen regelmäßig abgelegene Bauernhöfe auf, um ihren Hunger mit Nutztieren zu stillen. Dachte man bisher. Nun haben Forscher festgestellt, dass mancher Riss zu Unrecht den Wölfen angelastet wird.

Raubtierattacken werden in Schweden an die Wildschadenszentrale in Grimsö gemeldet. 562 Angriffe auf Haus- und Nutztiere registrierte die Behörde allein 2006. Nun bezweifeln die Wildexperten, dass die Zahl korrekt ist. Denn seit diesem Sommer wird an den Bisswunden der Opfer eine DNS-Probe entnommen. Und oft fanden sich darin gar keine Raubtiergene.

Aus Grimsö heißt es nun, in etwa der Hälfte aller Fälle seien Wolf oder Bär zu Unrecht beschuldigt worden. Auch den Luchs von Jönköping entlastete die Gentechnik. An dem toten Pferd entdeckten die Experten Hunde-DNS.

"Es ist schwierig, die Todesursache bei Nutztieren festzustellen", so Jens Karlsson vom Wildschadenszentrum Grimsö zum Svenska Dagbladet. Die meisten Menschen wüssten überhaupt nicht, wie Raubtierbisse aussehen. "Und wenn es einen Wolf in der Gegend gibt, dann passiert es schnell, dass der die Schuld für alle toten Tiere bekommt, die gefunden werden."

Hunde als Täter

Oft handelt es sich bei dem Übeltäter wie in Jönköping aber um einen Hund. Oder es liegt ein natürlicher Tod vor, wie in einem anderen Fall, der ebenfalls in Grimsö aufgeklärt wurde. Dabei war ein Kalb auf der Weide einfach tot umgefallen. Füchse und Vögel machten sich später über den Kadaver her. Verdächtigt wurde ein Wolf.

Der Umgang mit Raubtieren ist in Schweden ein Reizthema. Anfang des Jahres änderte die Regierung die Regeln zur "Schutzjagd" - zum Ärger von Artenschützern, die sich um die mühsam aufgepäppelten Raubtierbestände sorgen. Bauern und Rentierzüchter waren dagegen erfreut. Ihnen erleichtert die Regelung, ihre Tiere im Falle eines Angriffs mit dem Gewehr zu verteidigen. Sonst sind Wölfe und Bären streng geschützt.

Für großes Aufsehen sorgte das Schicksal eines Bauern, der 2003 einen Wolf niederstreckte, als der auf seine Schafherde zutrabte. Weil sich die Absichten des Wolfs vor Gericht schwer rekonstruieren ließen, konnte der Bauer nicht beweisen, dass er in Notwehr gehandelt hatte. Er bekam eine Haftstrafe von sechs Monaten.

Um Landwirte mit den Räubern zu versöhnen, zahlt die Regierung für jedes gerissene Tier eine Entschädigung. Auch das könnte ein Grund dafür sein, dass der Wolf oft zum Sündenbock wird. Künftig soll das schwieriger werden. Jens Karlsson vom Wildschadenszentrum sagt, man wolle die DNS-Methode nach dem Test in diesem Sommer noch verfeinern.

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