Anhänger der Selbstoptimierung klagen gerne über die viele nutzlose Zeit, die im Schlaf vertan wird. Bis zu ein Drittel des Lebens geht schließlich fürs Schlummern drauf. Dabei ist längst bekannt, wie wichtig ausreichender Schlaf für die Gesundheit ist. Nun beschreiben Mediziner aus Harvard, dass unregelmäßiger Schlaf sogar die Gefäße angreift. Wer immer wieder zu anderen Zeiten ins Bett geht und unterschiedlich lange schläft, erhöht demnach sein Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall um mehr als das Doppelte.
Schlafforscher und Kardiologen um Tianyi Huang beschreiben im Journal of the American College of Cardiology, wie es den fast 2000 Teilnehmern ihrer Studie ergangen ist, die sie im Mittel über fünf Jahre beobachtet haben. Die Probanden im Alter zwischen 45 und 84 Jahren trugen zwischendurch für eine Woche Aktivitätsmesser an den Handgelenken, sodass ihre Wach- und Ruhezeiten nicht nur auf persönlichen Angaben beruhten, sondern detailliert nachverfolgt werden konnten. Die Forscher unterteilten die Teilnehmer in vier Gruppen, je nachdem, ob sich ihre nächtliche Schlafdauer kaum veränderte oder von Tag zu Tag mehr als zwei Stunden Unterschied zeigte. Auch die Zeit, wann die Probanden ins Bett gingen, wurde berücksichtigt - weniger als eine halbe Stunde Unterschied von Tag zu Tag galt als regelmäßig. Das andere Extrem waren mehr als 90 Minuten Differenz von Tag zu Tag.
Zu wenig Schlaf fördert Übergewicht und diverse Krankheiten
Je unregelmäßiger der Schlafrhythmus ausfiel, desto stärker stieg das Risiko für Gefäßkomplikationen. "Wenn es darum geht, Infarkte oder Schlaganfall zu verhindern, konzentrieren wir uns auf Ernährung und Bewegung", sagt Huang. "Und auch wenn wir über den Schlaf reden, geht es meistens um die Dauer und nicht um die Regelmäßigkeit und Auswirkungen, die es hat, wenn jemand oft zu unterschiedlichen Zeiten ins Bett geht oder jede Nacht unterschiedlich viel Schlaf bekommt." Die aktuelle Studie zeige, dass es nicht nur um die Quantität geht, sondern dass ständiger Wechsel das Herz beeinträchtigt.
Chronobiologie:Ausschlafen? Lieber nicht
Wer sein Schlafdefizit an geruhsamen Wochenenden nachholen will, tut seinem Körper keinen Gefallen. Warum unregelmäßige Schlafzeiten zusätzlichen Stress bedeuten können.
Umgerechnet auf 1000 Erwachsene mittleren und höheren Alters hätten innerhalb eines Jahres acht mit einem Infarkt oder Schlaganfall zu rechnen, wenn ihr Schlafmuster regelmäßig ist, so die Forscher. Bei besonders unregelmäßigem Schlaf würden hingegen 20 von 1000 Erwachsenen einen kardiovaskulären Zwischenfall erleiden. "Der Schlafrhythmus lässt sich verändern", sagt Huang. "Insofern handelt es sich um einen unterschätzten Risikofaktor, der leicht zu beeinflussen ist."
Regelmäßiger Schlaf zu festen Zeiten gilt als langweilig, ja geradezu spießig. Doch spätestens wenn junge Menschen Eltern werden, schätzen sie ihren Schlaf wieder mehr - und reagieren dünnhäutig, wenn sie ihn nicht bekommen. Mediziner wissen, dass zu wenig Schlaf die Neigung zu Übergewicht und diversen Krankheiten wie Diabetes erhöht. Schichtarbeiter und Flugpersonal, das ständig in verschiedenen Zeitzonen unterwegs ist, haben ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Zudem ist das Gedächtnis gestört, und Gelerntes wird schneller wieder vergessen, wenn Schlaf fehlt. Eine weitere Erklärung für den engen Zusammenhang zwischen Schlaf und Kreislauf könnte sein, dass der zirkadiane Rhythmus, also die Abfolge von Aktivität und Ruhe, Wachen und Schlaf im Tageslauf, eng mit den Rhythmen und Funktionen von Blutdruck, Herzschlag und Gefäßelastizität gekoppelt ist. Wird das eine gestört, wirkt sich das negativ auf das andere aus.