Schlaf:Auch Menschen halten Winterschlaf

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Der Winter naht, und die Wissenschaft lässt aufhorchen: Neuesten Erkenntnissen zufolge ist Winterschlaf auch beim Menschen möglich. Und die NASA fängt schon an zu träumen?

1968 versetzte Stanley Kubrick die Helden seines Science-Fiction-Klassikers "2001: Odyssee im Weltraum" für die lange Reise zu fernen Planeten in eine Art Winterschlaf.

Wenn die Wissenschaft recht behält, könnte der Mensch ebnfalls bald Winterschlaf halten. (Foto: Foto: surfmed.de)

Über dreissig Jahre später scheint die Zukunftsvision des Star-Regisseurs plötzlich zum Greifen nahe: Durchbrüche bei der Erforschung des Winterschlafs haben den Wissenschaftlern erstaunliche Einblicke in die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen ermöglicht. Die Parallelen zwischen Mensch und Tier sind auffällig. Der Wunsch, sich während der kalten, düsteren Jahreszeit einfach "auszuklinken", könnte Realität werden. Aber auch andere praktische Anwendungen werden bereits erforscht.

Auch Affen schlafen

Erst vor kurzem machten Wissenschaftler der Universität Marburg eine spektakuläre Entdeckung. Sie fanden den ersten winterschlafenden Affen - eine auf Madagaskar lebende Lemurenart. Die Tatsache, dass unsere nächsten Verwandten einen Winterschlaf halten, legt die These nahe, dass diese biologische Option auch für den Menschen in Frage kommen könnte. Jedenfalls nach Meinung des Tierphysiologen Gerhard Heldmaier. "Menschen unterscheiden sich nicht so grundlegend von anderen Säugetieren", so der Wissenschaftler. "Es spricht im Grunde nichts dagegen, dass auch Menschen Winterschlaf halten."

Schaltergene entdeckt

Heldmaier, Professor an der Uni Marburg und Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Winterschlaf, war massgeblich an einem wissenschaftlichen Durchbruch beteiligt. Er fand zwei Schaltergene, die für die Steuerung des Winterschlafs entscheidende Enzyme aktivieren oder deaktivieren. So wird der Stoffwechsel von der normalen Kohlenhydratverbrennung auf Fettverbrennung umgestellt - ein entscheidender Prozess, um im Winterschlaf Energie zu sparen. Zwei weitere Schaltergene wurden etwa vor einem Jahr von einer amerikanischen Forschergruppe identifiziert.

"Lange Jahre haben wir im Trüben gefischt. Jetzt kennen wir endlich die Gene, welche die Stoffwechselumstellung im Winterschlaf kontrollieren", betont Heldmaier die Bedeutung der Entdeckung. "Und diese Schaltergene gibt es auch beim Menschen!"

Schlaf für einzelne Organe

Seit der Entdeckung der Schaltergene ist das Interesse für die Mechanismen des menschlichen Winterschlafs riesig. Die Möglichkeit, die Gene gezielt an- und auszuschalten, beflügelt die Phantasie vieler - auch die der US-Army. Sie will den Winterschlaf einsetzen, um verletzte Soldaten in einem stabilen "Ruhezustand" vom Schlachtfeld ins Krankenhaus zu transportieren. Die Militärstrategen lassen sich das durchaus etwas kosten: Seit über fünf Jahren unterstützt das Pentagon die Forschungsbemühungen von Matthew Andrews an der Uni Minnesota. Der verfolgt allerdings zivilere Ziele als seine Sponsoren: "Wenn man einzelne Organe in einen Winterschlaf versetzen könnte, wäre es möglich, sie für Monate aufzubewahren", so der Biologe. Dies käme einer Revolution in der Transplantationsmedizin gleich, denn bisher müssen Organe innerhalb weniger Tage verpflanzt werden.

NASA steigt ein

Die Crew eines Raumschiffs durch Anschalten der entscheidenden Gene in einen monate- oder gar jahrelangen Tiefschlaf zu versetzen, hält Andrews dagegen für "pure Fiktion".

Die amerikanische Weltraumbehörde NASA sieht das anders: Forschungsprojekte über den Winterschlaf werden von ihr grosszügig unterstützt. Mit Erfolg: Mehrere führende amerikanische Universitäten haben sich schon angeschlossen. Mit geballten wissenschaftlichen Bemühungen hofft die NASA, ihre Vision von bemannten Raumfluegen zu "fernen Galaxien und unbekannten Zivilisationen" Wirklichkeit werden zu lassen. Mr. Spock lässt grüssen.

Winterschläfer in Sibirien

Wer sich nichts lieber wünscht, als den Winter zu verschlafen, kann viel von einem sibirischen Volksstamm lernen, der noch vor 100 Jahren in der Gegend von Pskov gesiedelt haben soll: Wegen akuter Nahrungsmittelknappheit sammelten sich die Familien beim ersten Schnee am Feuer - und gingen schlafen. Einmal am Tag stand jeder kurz auf und ass ein Stück Brot. Nachdem das karge Mahl mit einem Schluck Wasser heruntergespült worden war, ging's zurück ins warme Bett. Volle sechs Monate genoss das Volk dieses geruhsame Dasein - bis die ersten Boten des Frühlings angekommen waren. Seinen Winterschlaf nannte es "Lotska".Die richtigen Schaltergene muss man eben haben...

Quelle: surfmed

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