Süddeutsche Zeitung

Schädlingsbekämpfung:Drohne gegen Raupe

Ferngesteuerte Fluggeräte werden vom Militär eingesetzt, um Feinde zu beobachten und Terroristen zu töten. Nun wollen Forscher testen, ob ein ferngesteuerter Mini-Helikopter dazu taugt, Pflanzenschädlinge dort aus der Luft zu bekämpfen, wo das sonst nicht geht: im Stadtgebiet.

Thomas Wagner-Nagy

Der Eichenprozessionsspinner ist für seine Brennhaare berüchtigt. Die Waffen der grün-grau-schwarzen Raupe sind mit Widerhaken ausgestattet und sondern bei Kontakt ein Nesselgift ab, das bei Menschen zu Juckreiz und starken allergischen Reaktionen führen kann. Da die Larven schwer zu beseitigen sind, wollen Forscher ihnen mit schwerem Gerät zu Leibe rücken.

Ein unbemannter, ferngesteuerter Mini-Hubschrauber soll die Raupen in Stadtgebieten bekämpfen. Dazu führen das Bundesinstitut für Risikobewertung, das Julius-Kühn-Institut und die Bundesanstalt für Materialforschung Experimente an einer befallenen Eiche in Südbrandenburg durch.

Der Hubschrauber kann 24 Liter Spritzflüssigkeit aufnehmen und mit einem Gesamtgewicht von 65 Kilogramm abheben. Im Test versprüht die Drohne kein echtes Gift, sondern gefärbtes Wasser. Dieses soll anzeigen, wie der Baum mit der Ladung benetzt wird und wie sich das Mittel über das Ziel hinaus ausbreitet. "Ein vielversprechender Ansatz, auch wenn bei der technischen Verfeinerung noch viel zu tun ist", sagt Projektleiter Klaus Urban.

Rechtlich ist der Einsatz unbemannter Fluggeräte zur Schädlingsbekämpfung allerdings heikel. "Ein neues Pflanzenschutzgesetz legt fest, dass dies nur in Wäldern und an Steilhängen etwa im Weinbau gestattet ist, nicht aber in städtischen Gebieten", sagt Holger-Ulrich Schmidt, Leiter des Pflanzenschutzamtes Berlin.

Mit einem juristischen Trick ließe sich das aber umgehen. Wenn man die Raupen primär als Gefahr für die Gesundheit der Anwohner sieht, greift nicht das Pflanzenschutz-, sondern das Biozidrecht, in dem nichts zur Art der Verteilung festgelegt wird und Drohnen demnach denkbar wären.

Schmidt erscheint die Methode aufwendig: "Der Hersteller eines bekannten Mittels gegen den Eichenprozessionsspinner empfiehlt eine Ladung von 20 Litern pro Baum, das wäre fast der gesamte Tank des Mini-Hubschraubers." Der Experte kann sich die Drohne eher als Lösung für einzelne befallene Bäume, nicht aber für großflächige Parkanlagen vorstellen.

Urban nennt eine andere Zahl: 50 Liter Biozid reichten für ein Hektar Fläche. "Damit kann man einige Kilometer einer befallenen Allee abarbeiten."

Die Frage nach der Effizienz ist nicht unerheblich, da Urban die Kosten für den Helikopter auf mehr als 100.000 Euro schätzt. Eine vom Boden einsetzbare Sprühkanone koste hingegen nur etwa 17.000 Euro.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2012/mcs
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