Schädling:Der Albtraum im Maisfeld

Ein possierliches Tierchen? Weit gefehlt. Experten warnen vor dem Maiswurzelbohrer - per Flugzeug reiste er nach Deutschland ein. Von Hanno Charisius

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Maiswurzelbohrer, Mais, Bauern, Schädling

Quelle: SZ

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Der Käfer, der mit dem Flugzeug reist

Der Albtraum eines jeden Maisbauern ist nun auch in Deutschland Wirklichkeit geworden. Am Montag ist ein Maiswurzelbohrer in einer Lockstofffalle in der Nähe des Flughafens Lahr am Westrand des Schwarzwaldes gefunden worden. Der einzelne männliche Käfer könnte ein verirrtes Exemplar sein - oder der Vorbote einer Invasion.

Der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera) stammt ursprünglich aus Mittelamerika, der botanischen Heimat der Maispflanze. Vor einigen Jahrzehnten ist er in die USA eingewandert und verursacht dort jährlich Schäden von einer Milliarde Dollar. Er zählt zu den zehn verheerendsten Agrarschädlingen der Welt.

Foto-Quelle:Mihaly Czepo / www.biosicherheit.de

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Anfang 1992 gelangte das Insekt nach Europa, wahrscheinlich an Bord eines Flugzeuges, der erste Fundort lag in der Nähe des Flughafens von Belgrad.

Zuletzt war der Maiswurzelbohrer nach Angaben des Bundesforschungsministeriums im Sommer 2005 in der Nähe von Maastricht an der deutsch-niederländischen Grenze gesichtet worden. Es war nur ein Frage der Zeit, bis er die Grenze nach Deutschland überschreiten würde, sagt Christian Ulrichs vom Institut für Gartenbauwissenschaften in Berlin. "Jetzt werden wir ihn wahrscheinlich nie mehr los."

Foto: Vom Käfer "gefällte" Maispflanzen

Foto-Quelle: bioSicherheit

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Die Insekten werden nur fünf bis acht Millimeter groß. Nach der Paarung im Sommer legen die Weibchen jeweils bis zu tausend Eier in die Erde um die Maiswurzeln herum. Die erwachsenen Käfer überleben nur bis zum Frosteinbruch. Wenn es nicht kälter wird als minus zehn Grad Celsius schlüpfen im folgenden Frühjahr die Larven, die sich von den Wurzeln der Pflanzen ernähren und den größten Schaden anrichten.

Foto: Eine Larve des Maiswurzelbohrers

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Zunächst fressen sie nur an den Feinwurzeln, später aber dringen die Larven in die Hauptwurzeln und Stängel ein, so dass die Standfestigkeit der Pflanzen leidet. Bei starkem Befall kippen bis zu 80 Prozent der Pflanzen um. Im Sommer 2003 fielen in Südungarn auf manchen Feldern sogar 90 Prozent der Pflanzen.

Wie groß der Schaden in Deutschland ausfallen wird, ist noch nicht abzusehen. "Wir wissen noch nicht, ob das gefundene Insekt gerade erst mit einer Handvoll anderer Tiere angekommen ist oder ob es der Nachkomme von Maiswurzelbohrern ist, die bereits seit ein oder zwei Generationen in der Region leben", erklärt Jens Unger von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) Braunschweig.

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"Die Angst ist groß", sagt Jens Rademacher vom Deutschen Bauernverband.

Aufgrund seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung ist der Maiswurzelbohrer in der Europäischen Union als Quarantäne-Schädling eingestuft. Das sind Organismen, die gesetzlichen Regelungen unterworfen sind, um ihre Verbreitung zu verhindern. Bereits seit 2003 gibt es EU-Notfallpläne für den Umgang mit dem Parasiten. Deshalb wird jetzt in einem Umkreis von einem Kilometer um den Flughafen Lahr Gift gesprüht .

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Insektizide sind bislang das einzige kurzfristig wirkende Mittel. Seit Bestehen der Richtlinie seien kleine Käferfunde in Frankreich, den Niederlanden und Belgien auf diese Weise erfolgreich bekämpft worden, sagt Unger und lobt das europaweite Monitoring-Programm der EU, das eine schnelle Reaktion ermögliche. Insbesondere Gebiete rund um Flughäfen werden überwacht, seitdem sich in diesen Gebieten Erstfunde gehäuft hatten.

Um dem Käfer auf die Schliche zu kommen, haben Unger und Kollegen bereits mit Lockmitteln versehene Klebefallen in Koffern per Luftfracht von Ungarn nach Deutschland geschickt - allerdings bislang keinen gefangen. "Wir wissen noch nicht, wie er das macht", so Unger, aber es herrsche kein Zweifel, dass der Käfer bevorzugt per Flugzeug reise.

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Statt mit Gift sollte der Maiswurzelbohrer durch ökologische Landwirtschaft bekämpft werden, fordert Axel Mayer von der Umweltorganisation BUND. Über drei Jahre wechselnde Fruchtfolgen sollten den Schädling an einer explosionsartigen Vermehrung hindern, wie dies bereits seit Jahren erfolgreich in der Schweiz geschehe. Dem stimmen Rademacher und Unger zu, allerdings sei es in der Region Lahr in dieser Saison zu spät, um mit wechselnder Feldwirtschaft zu beginnen, sagt Rademacher. Dort müssten jetzt die Pflanzenschutzdienste ausrücken, um die Plage zu bremsen.

Foto: Larven an der Wurzel eines Maispflanze

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Die Bedeutung einer schnellen, konsequenten Reaktion betont auch Unger von der BBA. "Es macht wirtschaftlich einen enormen Unterschied, ob sich der Käfer jetzt oder erst in 20 Jahren in Deutschland ausbreitet", sagt Unger. Dass man den Käfer ganz aufhalten kann, glaubt er nicht. Nicht einmal gentechnisch veränderte Pflanzen könnten ihn stoppen.

Christian Ulrichs sagt: "Wir leben in einer schrumpfenden Welt. Von der Globalisierung profitieren auch Schädlinge." Mit dem Klimawandel, wie manche vermuten, habe das jedoch nichts zu tun. Der Wurzelbohrer werde nicht der letzte Einwanderer auf sechs Beinen sein, aber bestimmt der, der den größten Schaden anrichtet.

(Text: SZ vom 26.7.2007)

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