Saturnmond Titan:See aus flüssigem Erdgas

Neben der Erde ist der Saturnmond Titan offenbar der zweite Himmelskörper im Sonnensysten, auf dessen Oberfläche eine Flüssigkeit existiert.

Tomas Bührke

Zum Baden wenig einladend sind neu entdeckte Gewässer auf dem Saturn-Mond Titan. Ein internationales Forscherteam um Robert Brown von der Universität Tucson, US-Bundesstaat Arizona, hat dort einen See entdeckt, der mit minus 180 Grad Celsius kaltem, flüssigem Ethan gefüllt ist (Nature, Bd. 454, S.607, 2008). Damit ist Titan neben der Erde der einzige bekannte Himmelskörper im Sonnensystem, auf dessen Oberfläche eine Flüssigkeit existiert.

Saturnmond Titan: So stellt man sich bei der Nasa den See vor.

So stellt man sich bei der Nasa den See vor.

(Foto: Grafik: Nasa)

Vermutet hatten Planetenforscher die Existenz solcher Seen bereits vor drei Jahren, als Radaraufnahmen der Saturn-Sonde Cassini am Südpol des Titan Gebiete mit ungewöhnlich glatter Oberfläche offenbarten.

Doch erst jetzt konnten die Wissenschaftler klären, woraus diese bestehen. Mit einem Spektrometer an Bord der Sonde zerlegten sie das von der Oberfläche reflektierte Licht in seine Spektralfarben und fanden die charakteristische Signatur von Ethan.

"Wenn in diesen Seen flüssiges Ethan existiert, dann mit aller Wahrscheinlichkeit auch Methan", schreibt Brown. "In dem See steht gewissermaßen flüssiges Erdgas", das hauptsächlich aus Methan bestehe, ergänzt der an der Studie beteiligte Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Den etwa 300 Kilometer großen See haben die Forscher Ontario Lacus genannt, weil er an den Ontario-See zwischen den USA und Kanada erinnert. Seine Oberfläche ist extrem glatt. Nach den Messdaten beträgt die Oberflächenrauigkeit nicht mehr als wenige tausendstel Millimeter.

Die Entdeckung war sehr schwierig, weil Titan von einer dichten Dunstschicht umgeben ist. Lediglich Radarstrahlen und Infrarotlicht bestimmter Wellenlänge können bis zur Oberfläche vordringen. In einem dieser Infrarotfenster fanden Brown und Kollegen den chemischen Fingerabdruck des Gewässers.

Es gibt auf Titan offenbar auch einen Methankreislauf, der dem Wasserkreislauf auf der Erde entspricht. Durchschnittlich dürften auf dem Saturnmond pro Jahr Niederschläge von einem Zentimeter Höhe fallen, zeigen Klimamodelle. Nach irdischen Maßstäben hat er daher Wüstencharakter. Vermutlich treten aber auch Stürme mit Methan-Regengüssen auf.

Diese sind wohl für das weit verzweigte Netz von Tälern verantwortlich, die auf Titan entdeckt wurden. Wie eine Gruppe unter der Leitung von Ralf Jaumann in der Zeitschrift Icarus berichtet, müssen in diesen Tälern zumindest zeitweise bis zu 1600 Kubikmeter Flüssigkeit pro Sekunde durch Gräben geströmt sein. "Das ist etwa zwei Drittel der Wassermenge, die aus dem Rhein in die Nordsee fließt", sagt Jaumann.

Titan ist damit einer der interessantesten Körper im Sonnensystem. Die amerikanische und europäische Weltraumbehörde planen derzeit eine gemeinsame Mission, bei der eine an einem Ballon schwebende Sonde den Mond erkunden soll. Vor 2018 ist mit einem Start jedoch nicht zu rechnen.

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