Saturn gilt als der Schönheitskönig unter den Planeten. Schon ein kleines Fernrohr offenbart ein markantes Ringsystem, in dem die Kugel des Gasriesen schwerelos zu schweben scheint. Die Ringe haben einen Durchmesser von knapp einer Million Kilometern und sind lediglich hundert Meter dünn. Sie bestehen aus unzähligen winzigen Bröseln von Wassereis, manche Trümmer haben die Größe eines Einfamilienhauses. Alle umkreisen sie den zweitgrößten Planeten des Sonnensystems wie Minimonde.
Seit Langem rätseln die Astronomen darüber, wann und wie die Saturnringe entstanden sein könnten. Waren sie von Anfang an da, bildeten sie sich also bereits vor viereinhalb Milliarden Jahren aus derselben Urwolke wie der Planet selbst? Oder verdanken sie ihre Existenz einem kosmischen Unfall, der sich viel später ereignet hat?
Laut einer Theorie gab es einst einen Eismond namens Chrysalis. Der wurde vor ungefähr hundert Millionen Jahren unter der Wirkung anderer Trabanten aus seiner Bahn geworfen. Chrysalis, so die Modelle, sei dann dem Saturn zu nahe gekommen und von dessen starken Gezeitenkräften zerrieben worden. Aus den Bruchstücken sollen sich die Ringe geformt haben. Dieses Szenario beschrieben Wissenschaftler um Jack Wisdom vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge vor einigen Monaten im Journal Science.
Für ein höheres Alter sind die Ringe nicht verstaubt genug
Jetzt hat diese Idee Unterstützung bekommen, auf Grundlage des Alters der Ringe. Eine Gruppe um Sascha Kempf von der US-amerikanischen University of Colorado will herausgefunden haben, dass die Ringe höchstens seit vierhundert Millionen Jahren existieren. Das schreibt das Team in der Zeitschrift Science Advances. Für Harald Krüger vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der an der Studie nicht beteiligt war, ist dieses Ergebnis überzeugend: "Die Frage war lange offen, nun scheint sie tatsächlich beantwortet zu sein", sagt er.
Grundlage für die Arbeit sind Messungen der Raumsonde Cassini. Bevor diese am Ende ihrer zwanzigjährigen Mission im September 2017 planmäßig in der dichten Saturnatmosphäre verglühte, hatten die Bordinstrumente jede Menge Daten zur Erde übertragen. Dieser Nachlass ist immer noch nicht vollständig gesichtet. Eines der wissenschaftlichen Geräte namens Cosmic Dust Analyzer untersuchte Saturnstaub sowie winzige interplanetare Meteoroide - feste Körper, die durch das Planetensystem fliegen. Dies war der Schlüssel zur Altersbestimmung der Ringe.
Kempf und seine Kollegen machten sich die Tatsache zunutze, dass die Ringpartikel nicht ausschließlich aus Eis bestehen, sondern durch Staub ein wenig verunreinigt sind. Dafür sorgt das ständige Bombardement von Mikrometeoriden. Im Lauf der Zeit sollte sich immer mehr Schmutz absetzen, ähnlich wie bei der Oberfläche eines Möbelstücks: Je länger dieses nicht abgewischt wird, umso dicker ist die Staubschicht.
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Die Forscher schätzen den Staubanteil der Ringe nun auf lediglich 0,1 bis maximal zwei Prozent. Aus diesem sehr niedrigen Verschmutzungsgrad schließen die Wissenschaftler, dass die Krümel in den Ringen auf keinen Fall über einen Zeitraum von Milliarden Jahren unter Beschuss gestanden haben können. Zudem haben alle Ringteilchen zusammengenommen eine Oberfläche, die 10 000- bis 100 000-fach größer ist als die eines einzigen Mondes gleicher Masse. Daher, so heißt es in der Veröffentlichung, seien die ursprünglich hellen Eisringe extrem anfällig für Verunreinigungen und würden immer dunkler. Während der Messzeit von 13 Jahren registrierte der Cosmic Dust Analyzer in den Ringen einen Zustrom von 163 Staubpartikeln aus dem Planetensystem.
Eine Hochrechnung, die beobachtete Farbe sowie das unterschiedliche Reflexionsvermögen der Ringe in Abhängigkeit von der Entfernung zum Saturn ermöglichten es den Forschern, das Ringalter abzuschätzen. Es liegt demnach zwischen hundert und vierhundert Millionen Jahren. Dass sich die Ringe gleichzeitig mit dem Planeten gebildet haben könnten, schließen die Autoren kategorisch aus. Die längste Zeit seines Daseins kam der Saturn demnach ohne seine Ringe aus.