Satelliten:Die ganze Erde in 3-D

Der deutsche Satellit "Tandem-X" ist erfolgreich gestartet. Gemeinsam mit seinem Partner-Satelliten "Terrasar-X" soll er ein exaktes Höhenmodell der Erde liefern, das alles bislang Gesehene in den Schatten stellt.

Alexander Stirn

Mit dem Zweiten sieht man besser: Der deutsche Radarsatellit Terrasar-X, der seit 2007 seine Runden um die Erde dreht, hat ein Brüderchen bekommen. Es heißt Tandem-X, kostet 165 Millionen Euro und ist in der Nacht zum Montag von der Raumfahrtbasis Baikonur ins All gestartet. Gemeinsam soll das Pärchen nun ein dreidimensionales Bild des Globus erstellen, das alles bislang Gesehene in den Schatten stellt.

Neuer deutscher Radarsatellit TanDEM-X fertiggestellt

Eine Computersimulation zeigt den Radarsatelliten TanDEM-X und seinen baugleichen "Zwillingsbruder" TerraSAR-X.

(Foto: Astrium GmbH dpa/lsw)

"Vor zehn Jahren wussten wir über das Höhenprofil der Erde noch viel weniger als über die Topographie der Venus", sagt Alberto Moreira, wissenschaftlicher Leiter der Tandem-X-Mission beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Mithilfe des amerikanischen Space Shuttles haben die deutschen Radarforscher zwischenzeitlich versucht, die Situation zu verbessern. Der große Durchbruch ist aber ausgeblieben. Das soll sich nun ändern. "Wir wollen mit Tandem-X einen neuen Standard setzen", sagt Moreira.

Das fliegende Pärchen soll dazu die Höheninformation jedes Punkts der Erdoberfläche auf mindestens zwei Meter genau bestimmen. Möglich wird das, weil beide Satelliten nebeneinander her fliegen und so die Welt aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln sehen - ähnlich wie die beiden Augen des Menschen, deren leicht versetzte Bilder im Gehirn einen dreidimensionalen Eindruck entstehen lassen. Bei den Satelliten hilft den Forschern ein weiteres Phänomen: Die Radarstrahlen, die in 514 Kilometern Höhe ausgesandt und von der Erde reflektiert werden, brauchen unterschiedlich lange, um die beiden Empfänger zu erreichen. Aus der Differenz lassen sich Höheninformationen berechnen.

Das funktioniert allerdings nur, wenn die beiden Satelliten ihre Position exakt einhalten - ohne dabei zu kollidieren. Um einen Unfall im Orbit zu verhindern, soll Terrasar-X daher die gewohnte Kreisbahn beibehalten, während sein Bruder eine komplizierte Schraubenbahn um ihn herum vollziehen wird. "Dieser Formationsflug ist für uns die ganz große Herausforderung", sagt Flugdirektorin Edith Maurer, die das Duo von Oberpfaffenhofen aus steuert.

Sollte das klappen, hofft Alberto Moreira auf vielfältige wissenschaftliche Anwendungen: Die exakten Höhenmodelle machen es möglich, den Verlauf von Überschwemmungen besser zu prognostizieren. Sie zeigen, wie sich der Boden nach einem schweren Erdbeben verschoben hat. Sie helfen Stadtplanern, Ozeanographen und Verkehrsforschern.

Aber auch kommerzielle Anbieter sollen von den Daten profitieren: So nahe wie die beiden Satelliten umeinander kreisen, so eng rücken auch Staat und Wirtschaft zusammen. Von den rund 165 Millionen Euro, die Bau und Betrieb von Tandem-X kosten, übernimmt das DLR 125 Millionen Euro.

Den Rest steuert der Raumfahrtkonzern Astrium bei, der den Satelliten auch gebaut hat. Im Gegenzug darf Astrium die digitalen Höhenmodelle verkaufen - für Rettungseinsätze, Militäroperationen, die Suche nach Ölfeldern oder den Bau von Flughäfen. Im Prinzip an jeden, der seine Karten mit Höheninformationen aufpeppen will.

Mindestens drei Jahre soll die 3-D-Mission von Tandem-X dauern, schon in diesem Jahr wollen die Betreiber ihre ersten Aufnahmen veröffentlichen. Insgesamt könnten 1,5 Milliarden Megabyte an Daten zusammenkommen. "Der Aufwand ist einmalig", sagt DLR-Forscher Moreira. "Keine andere Mission wird in den kommenden Jahren eine ähnliche Datenfülle generieren."

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