Im Untergrund von Chile schlummern Unmengen von Bodenschätzen. Diesen Reichtum verdankt das Land seiner besonderen geologischen Situation auf einer aktiven Plattengrenze. Weil sich entlang der Pazifikküste eine ozeanische Platte unter den Kontinent schiebt, dringt auch immer etwas Wasser in den Untergrund.
Die Verbindung von Wasser, Magma und hohen Temperaturen in der Tiefe erzeugt heiße mineralreiche Lösungen, die zirkulieren und wieder aufsteigen. Die Lösungen durchtränken die höher gelegenen Gesteinspartien des Festlands, wo sich die wertvolle Fracht in feinsten Poren und Hohlräumen absetzt. So kamen im Laufe der Erdgeschichte Unmengen für die moderne Industrie wichtige Metalle wie Kupfer, Molybdän, Antimon, aber auch Gold und Silber sowie Seltene Erden zur Erdoberfläche.
Chile ist deshalb zum Beispiel Weltmarktführer für Kupfer. Es deckt fast 40 Prozent des globalen Bedarfs für das Metall ab. Der größte Teil wird in Nordchile gewonnen - in der Mine von Chuquicamata in der Atacama-Wüste, dem größten Kupfer-Tagebau der Welt.
20 000 Menschen schuften im Loch in der Wüste
Seit 1915 wird dort das Kupfer aus dem Boden geholt. Die Mine hat sich inzwischen tief in die Erde hineingefressen. Das größere der beiden Abbau-Areale von Chuquicamata hat einen Durchmesser von drei bis vier Kilometern und reicht knapp 1000 Meter in die Tiefe. Dieses Loch in der Wüste gilt als die größte je vom Menschen geschaffene Grube. 20 000 Menschen arbeiten dort in dem Tagebau. Hausgroße Lastwagen schaffen Tonnen von mit Kupfererz durchsetztem Fels auf staubigen, steil in der Kraterwand angelegten Straßen nach oben.
Um an das begehrte Metall heranzukommen, muss das Gestein zerkleinert und geschlämmt werden - mit schlimmen Folgen für die Umwelt. Pumpen fördern enorme Mengen Wasser aus dem Wüstenboden zutage - Wasser, das in der Atacama-Wüste, eine der trockensten Regionen der Erde, besonders rar ist.
Um das Kupfer aus dem geschlämmten Gestein auszulaugen, braucht man Schwefelsäure. Bei diesem Prozess werden auch andere Metalle mobilisiert und ins Abwasser gespült. Das Schmutzwasser wird zwar gefiltert und zur erneuten Laugung wiederaufbereitet. Trotzdem gelangen Schadstoffe in die Umwelt. Metallhaltiger Staub aus der Mine wird vom Wind, der vom Pazifik her weht, über den ganzen Kontinent verteilt, bis nach Brasilien und Argentinien.
"Sammelsurium an Spurenelementen"
Um den Bergbau zu verbessern, arbeiten chilenische Fachleute mittlerweile eng mit deutschen Experten zusammen. Wissenschaftler der Technischen Universität Freiberg in Sachsen und der Fachhochschule Bochum haben mit Kollegen von drei chilenischen Universitäten soeben im Norden Chiles ein Exzellenzzentrum gegründet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützte diese Maßnahme im Rahmen der bundesdeutschen Rohstoffstrategie.
Zunächst sollen hierbei junge Chilenen zu Bergbauexperten - vom Minenarbeiter bis zum Ingenieur - ausgebildet werden. "Ausgerechnet in diesem Bereich leidet das südamerikanische Land unter einem starken Fachkräftemangel", sagt der Mineraloge Gerhard Heide von der TU Freiberg. "Umgekehrt ist Chile für unsere Studenten ein sehr interessanter Ausbildungsort, hier können sie im aktiven Bergbau Erfahrungen sammeln."
Später wollen die chilenischen und deutschen Wissenschaftler auch neue technische Verfahren entwickeln, zum Beispiel um die riesigen Halden aus getrocknetem Schlamm zu nutzen, die sogenannten Tailings. Darin sei "noch ein ganzes Sammelsurium an Spurenelementen enthalten", sagt Nils Hoth, Ingenieur an der TU Freiberg - das Molybdän, Antimon und andere Rohstoffe, die wie das Kupfer von heißen Lösungen aus der tiefen Erdkruste stammen und die heute für den Bau von Computern, Mobiltelefonen, Bildschirmen und anderen Geräten unverzichtbar sind.
Die Wiederaufbereitung der Tailings hätte den Vorteil, dass man sich Arbeit und Kosten sparen könnte, die nötig sind, um das erzhaltige Gestein in Minen aus dem Untergrund herauszuholen. "Die begehrten Rohstoffe liegen in den Halden ja im bereits zerkleinerten und geschlämmten Gestein vor", erklärt Nils Hoth. Ausländische Investoren sind bereits an dem Abraum der Kupferminen interessiert. "Wir haben in Chile erlebt, dass diese Halden an japanische und chinesische Firmen verkauft wurden." Sie gelten als Rohstofflager der Zukunft.