Süddeutsche Zeitung

Robotik:Die höfliche Maschine

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Das Robotik-Unternehmen Boston Dynamics forscht für das US-Militär, jetzt hat es einen vierbeinigen Roboter gebaut, der zum Internet-Video-Hit wird. Weil er einem anderen Roboter die Tür aufhält.

Von Jan Schwenkenbecher

Elegant trabt der gelbe Robo-Vierbeiner vom Typ Spotmini durch das Labor seines Herstellers, des Robotik-Unternehmens Boston Dynamics, bis er vor einer geschlossenen Tür ankommt. Gerne würde er raus, so scheint es, doch die Tür ist zu. Zum Glück kommt gleich ein baugleicher Robo-Kollege um die Ecke. Das zweite Exemplar hat einen Greifarm auf den Rücken montiert, öffnet damit die Labortür, wartet bis der erste Roboter hindurch ist, und läuft hinterher.

Am Montag auf dem Youtube-Kanal der Firma veröffentlicht, wurde das Video schnell zum Internethit. Die Kommentare reichten von "wow" über "awesome" bis hin zu "das Ende ist nahe". Viele Zuschauer erinnert der Clip an eine Episode der dystopischen Science Fiction-Serie "Black Mirror", in der ein ähnlicher autonomer Roboter die Protagonistin durch die Folge jagt. Vermutlich dürfte hier auch der Firmenhintergrund eine Rolle gespielt haben, denn seit der Loslösung vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Jahr 1992 entwickelt das Unternehmen Roboter für das US-amerikanische Militär.

Im Jahr 2005 präsentiert die Firma den robotischen Packesel Bigdog, der in sperrigem Gelände Lasten für Soldaten transportieren sollte, sich letztlich aber als zu laut erwies. Das Projekt wurde von der US-amerikanischen Militär-Forschungseinrichtung Darpa finanziert, ebenso wie der 2013 vorgestellte humanoide Roboter Atlas. Diese menschenähnliche Maschine soll in Katastrophengebieten eingesetzt werden, in denen es für Menschen zu gefährlich wäre, sie zu betreten. Im gleichen Jahr kaufte Google zwar die Firma auf, doch bestehende Kooperations-Projekte wie der Atlas-Roboter wurden weiterverfolgt. Im Sommer vergangenen Jahres wurde schließlich bekannt, dass der japanische Technikinvestor und Mobilfunkkonzern Softbank das Unternehmen übernimmt. Den jüngsten Internet-Ruhm erlangte Boston Dynamics im Dezember. Da zeigten die Entwickler in einem Video, wie die zweite Generation des Atlas-Roboters über Kisten springt und nach einem Rückwärtssalto auf beiden Füßen landet.

Im nun veröffentlichten Video des Spotmini-Roboters sehen Internetuser Parallelen zu einer außer Kontrolle geratenen Robo-Armee, Boston Dynamics hingegen sieht den Spotmini als kleinen Alltagshelfer. Im Sommer 2016 stellte die Firma den 84 Zentimeter hohen und 25 Kilogramm schweren Roboter erstmals vor. Im dazu veröffentlichen Video sieht man ihn durch die Wohnung und im Freien herumlaufen, außerdem wie er mit seinem Greifarm eine Spülmaschine ausräumt und eine leere Getränkedose in den Mülleimer wirft. Einem auf der Couch sitzenden Mann bringt er sogar eine volle Dose, auch wenn sie die Übergabe nicht unbeschadet übersteht. Ein Haushaltshelfer, so die Botschaft. 14 Kilogramm soll er angeblich tragen können, 90 Minuten soll der Akku halten.

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