Risikofaktor Biomüll:Gefahr aus der Biotonne

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Obst- und Gemüseabfälle sind ein fruchtbarer Nährboden für Pilze und ihre Sporen. Für manche Menschen wird das Öffnen der Biotonne deshalb zum tödlichen Risiko.

Hanno Charisius

Wer eine Biotonne öffnet, sollte besser in Deckung gehen. Was da bei gärungsfördernden Frühlingstemperaturen austritt, kann auf die Gesundheit schlagen, warnt der Pneumologe Harald Morr aus dem Vorstand der deutschen Lungenstiftung. In den verrottenden Obst- und Gemüseabfällen finden Pilze einen fruchtbaren Nährboden.

Pilze vermehren sich über pulverige Sporen, die aus Biotonnen austreten können. (Foto: Foto: dpa)

Sie gedeihen und vermehren sich über pulverige Sporen. Menschen mit Atemwegsbeschwerden sollten deshalb Biomüll meiden oder einen Atemschutz tragen, sagt Morr. Gesunde brauchen die braune Tonne nicht zu fürchten.

Der beste Schutz sei der gesunde Menschenverstand, so Morr. "Es genügt, den Kopf wegzudrehen, wenn man den Deckel aufklappt." Das bewahrt auch davor, die Abluft des gammelnden Grünzeugs zu inhalieren.

Mit der Einführung der Biotonne in den 1990er Jahren wurde die Gefährdung durch den Kompost untersucht. Tatsächlich fand man in der Luft beim Öffnen und Schließen der Biotonnen erschreckend viele Pilz-Sporen und Bakterien.

Als man dann aber auch in den klassischen Tonnen mit gemischtem Müll nachschaute, zeigte sich, dass praktisch kein Unterschied bestand. "Überall wo organischer Abfall drin ist, bilden sich Sporen", sagt Regine Szewzyk, Fachgebietsleiterin Mikrobiologie beim Umweltbundesamt in Berlin.

Das UBA kam damals zu dem Schluss, dass die Sporenwolke für gesunde Menschen unbedenklich ist. Asthmatiker, Allergiker, Aids-Patienten und Menschen mit Immunsupression wegen einer Organtransplantation sollten den Biomüll aber meiden und andere den Müll wegbringen lassen, sagt Szewzyk.

Jeden Tag aus der Wohnung entsorgen

Biomüll sollte am besten jeden Tag aus der Wohnung entsorgt werden, weil sich Pilzsporen schon in kurzer Zeit bilden können. Filterdeckel für Biotonnen, wie sie in einigen Kommunen eingeführt worden sind, lösen zumindest das Problem mit dem Geruch. Auch die Belüftung ist etwas besser, was die Sporenbildung etwas bremst. Einen gründliche Reinigung der Biotonne könne das Problem nur etwas verzögern aber nicht verhindern, sagt die UBA-Expertin.

Etwa 5000 Menschen infizieren sich in Deutschland jährlich mit dem Pilz Aspergillus fumigatus, berichteten Forscher des Klinikums der Universität Würzburg erst am vergangenen Freitag. Etwa jeder zweite Betroffene stirbt an der Infektion, die fast ausschließlich bei Patienten mit unterdrücktem oder geschwächtem Immunsystem auftritt.

Zwischen den Sporen aus der Biotonne und diesen Infektionen bestehe "ohne Frage" ein Zusammenhang, sagt Hermann Einsele, Direktor am Würzburger Uniklinikum. Doch wie groß dieser sei, lasse sich nicht beziffern.

Unter seiner Leitung sucht ein europäisches Forschungskonsortium nach neuen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten für die Aspergillose. Gesunde Menschen, betont Einsele, bräuchten die Sporen nicht zu fürchten. "Jeder inhaliert davon ein paar Dutzend am Tag. Normalerweise kommt das Immunsystem damit zurecht."

© SZ vom 15.04.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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