Risiko Rinderwahn:Unsicherheits-Faktoren

Warum ist es so schwierig, abzuschätzen, wieviele Menschen noch an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sterben werden?

Markus C. Schulte

Auch den Experten ist es - aus einer ganzen Reihe von Gründen - nicht möglich, sichere Schätzungen über die zu erwartenden Opferzahlen von vCJK abzugeben.So müsste der britischen Food Standard Agency (FSA) zufolge geklärt werden:

- wie stark ein Mensch den Erregern ausgesetzt gewesen sein muss, um sich anzustecken- wie sehr sich Menschen in der Anfälligkeit gegenüber den Erregern unterscheiden- wie lange die Inkubationszeit - die Zeit zwischen Ansteckung und dem Auftreten der Symptome - ist- wieviel Menschen tatsächlich den Erregern ausgesetzt waren - über welche Wege die Infektion überhaupt stattfindet und- wieviele Menschen sich schon infiziert haben, ohne dass die Krankheit bisher ausgebrochen ist

Bis heute gibt es über keinen dieser Punkte Sicherheit. Einig sind sich die Experten lediglich darüber, dass Menschen sich über den Verzehr von Produkten angesteckt haben dürften, die von infizierten Rindern stammten.

Es gibt aber noch keine Gewissheit, ob nun lediglich Teile des zentralen Nervensystems, also Gehirn und Rückenmark, gefährlich sind, oder auch Organe wie der Darm, die Milz, die Thymusdrüse.

Denn: Die Erreger scheinen sich neben den Nervenzellen vorzugsweise in Organen aufzuhalten, die mit dem Immunsystem zusammenhängen. Darüber hinaus setzen sie sich an die weißen Blutkörperchen.

So gelangen sie in den gesamten Körper, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Muskelfleisch ansteckende Prionen enthält. Ob aber die im Vergleich zum Nervensystem nur geringen Erreger-Mengen im Fleisch eine Gefahr bedeuten, ist ungewiss.

Genetische Anfälligkeit

Darüber hinaus weiß man, dass es eine genetisch bedingte Anfälligkeit zu geben scheint: So stimmten alle bisherigen Opfer im Erbgut des körpereigenen Prion-Moleküls überein - eine Eigenschaft, die sie mit etwa 40 Prozent der Bevölkerung teilen.

Aber, auch da sind sich viele Fachleute einig, der größte Teil der schon verstorbenen und in Zukunft noch auftretenden Opfer hat sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Achtzigern und der erste Hälfte der Neunziger Jahren infiziert.

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