Ressourcen:H2O - das Lebenselexier

Ohne Wasser wäre die Erde ein unbewohnbarer Planet. Europäer beklagen sich über zuviel Regen, während in anderen Regionen viele Menschen verdursten und verhungern. Zwei Fragen, die auf Antwort warten: Woher kommt das irdische Wasser und wie kann es gerecht verteilt werden?

Käte Bora / Frank Wittchow

"Schlechtes Wetter" sagen viele Menschen in Mitteleuropa und beschreiben damit die Tatsache, dass es regnet. Das ist undankbar. Und was hat das Herumnörgeln am Wetter mit Undankbarkeit zu tun?

Ressourcen: Für die einen gerne als "schlechtes Wetter" bezeichnet, für andere die Erlödung aus der Dürre - Regen.

Für die einen gerne als "schlechtes Wetter" bezeichnet, für andere die Erlödung aus der Dürre - Regen.

(Foto: Foto: dpa)

Ganz einfach: Ohne Regen - der in aller Regel nichts mit den Katastrophen anrichtenden, wochenlang anhaltenden sintflutartigen Regenfällen in einigen Regionen der Erde zu tun hat - ohne Regen lebten die Mitteleuropäer nicht in den grünen Oasen, in denen es ihnen mehr oder minder gut geht.

Lächerlich wird das Ganze, wenn fürs Fernsehen arbeitende Meteorologen in den Chor der Freizeitverplaner einfallen und den, neben der Sonne für das Pflanzenwachstum unverzichtbaren Regen, als "leider schlechtes Wetter" unters Volk bringen. In Äthiopien zum Beispiel wird das kein Mensch nachvollziehen können.

Die meisten Äthiopier sind Bauern, die wie alle Landwirte davon abhängen, dass es von Zeit zu Zeit regnet.

Aber weite Teile Ostafrikas werden immer wieder von lang andauernden Dürren heimgesucht. Die Folge: Die Äthiopier leiden Hunger und auch deswegen unter vielen Krankheiten.

In der Provinz West-Hararghe hat die jüngste Dürre fast das gesamte Weideland vernichtet. Hilfsorganisationen schätzen, dass in diesem Jahr bis zu 90 Prozent der erhofften Ernte ausfallen. Von wegen: Regen bedeutet schlechtes Wetter. Regen bedeutet Leben. Der "Ursprung des irdischen Wassers" ist, so sagen die angesehenen Astrophysiker Harald Lesch und Jörn Müller, "noch nicht in trockenen Tüchern".

Allem Anschein nach habe der blaue Planet sein Wasser "sowohl Kometen als auch den Ausgasungsprozessen der noch jungen Erde zu verdanken". Durch physikalischchemische Vorgänge bilde sich auch heute noch im Orionnebel täglich eine Wassermenge, die ausreiche, die Ozeane der Erde 60-mal zu füllen.

Das meiste davon friere sofort an Staubpartikeln aus Kohlenstoff, Silizium oder anderen Elementen fest. Der Rest werde als Wasserdampf in einer Wolke gespeichert. Die Wissenschaft ist sich bis heute nicht einig, wie solches Wasser auf die Erde gelangt ist. Manche Forscher denken, die Erde habe es bei ihrer Entstehung aus einer Wolke von Urgas mitbekommen.

Andere wiederum sind überzeugt davon, dass Meteoriten es auf die Erde gebracht haben. Geht es nach der Variante eins, dann formte sich um die noch junge Sonne eine Gasscheibe. Daraus bildeten sich durch Zusammenkleben kleiner Staubteilchen immer größere Klumpen und Gesteinsbrocken, Vorläufer der Planeten. Sie enthielten nicht nur Staub, sondern auch Wasser. Das verdampfte aus verschiedenen Gründen und entwich größtenteils in den Weltraum.

Schließlich kühlte sich die Erde so sehr ab, dass der übrig gebliebene Wasserdampf in der Atmosphäre kondensierte, als Regen zu Boden fiel und so die Meere und Seen füllte. Die zweite Version besagt, die erkaltende Erde habe nicht so viel Wasser enthalten, dass es die Meere gefüllt hätte.

Die Urplaneten seien von kilometergroßen Eis- und Felsbrocken umgeben gewesen. Und die seien auch auf die Urerde eingeschlagen und hätten dort ihr Eis abgeladen. Noch heute - 4,5 Milliarden Jahre danach - fänden sich solche Brocken.

Diese Theorie hat was. Denn: Auf dem Mond gibt es zahllose Krater vergangener Asteroiden- und Meteoriteneinschläge. Die Kometen bestehen zum großen Teil aus vereistem Wasser. Der im Sommer 2001 auseinander gebrochene Komet C/2001 A2 enthielt rund 3,3 Millionen Tonnen Wasser. Vor Jahren ist aus mehreren tausend Metern Tiefe ein salzhaltiges Fluid gehoben worden, das Wasser und Helium 3 enthielt. Das aber entsteht nur in Sternen. Es muss also aus dem Weltraum gekommen sein.

Bestärkt werden die Vertreter dieser Theorie dadurch, dass herausgefunden worden ist, dass Kometen, die in der Nähe der Umlaufbahn des Jupiters entstanden sind, das gleiche Verhältnis von schwerem zu normalem Wasser aufweisen wie die Meere der Erde. Kometen hingegen, die aus dem Bereich der Bahn von Neptun oder Pluto stammen, sind verhältnismäßig reich an schwerem Wasser.

Weil anzunehmen ist, dass auf der Erde Kometen einschlugen, die aus ihrer Nähe kamen und nicht solche, die weit draußen im Sonnensystem herumsausten, spricht einiges für diese Sicht der Dinge.

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Auf der Erde "erneuert" sich das Wasser durch Verdunsten vor allen Dingen an der Meeresoberfläche und in geringerem Umfang auf dem Festland. Dadurch gelangt es als Luftfeuchtigkeit in die Atmosphäre.Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte.

Ressourcen: Eine Satellitenaufnahme des "blauen Planeten".

Eine Satellitenaufnahme des "blauen Planeten".

(Foto: Foto: AP)

Steigt warme Luft auf, so kühlt sie ab. Sie kann dann nicht mehr als eine bestimmte Menge Wasser tragen. Die Folge: Das Wasser kondensiert.Wodurch sich Bewölkung bildet, aus der das Wasser als Regen oder Schnee wieder austritt und zur Erdoberfläche zurückfällt. Ein Teil regnet über den Meeren ab, ein anderer Teil gelangt übers Festland und gibt dort seinen Niederschlag ab.

Ein Teil davon verdunstet, ein anderer Teil versickert im Erdboden und wird zu Grundwasser. Ein dritter Teil wird von Pflanzen aufgenommen und gelangt über deren Transpiration schließlich in die Erdatmosphäre. Über den Grundwasserstrom, über Bäche und Flüsse gelangt der Niederschlag später wieder in die Meere.

In den Polargebieten und in Hochgebirgen werden die Niederschläge teilweise als Eis gespeichert. Das wiederum verdunstet zu einem Teil in die Atmosphäre. "Das Prinzip aller Dinge ist Wasser; aus Wasser ist alles, und ins Wasser kehrt alles zurück", hat vor mehr als 2.500 Jahren der griechische Philosoph und Mathematiker Thales von Milet erkannt.

Es ist schon erstaunlich, wie viele Gedanken um einen Stoff kreisen, wie viele Mythen und Rituale sich um einen Stoff ranken, der, profan betrachtet, eine aus dem All auf die Erde geworfene chemische Verbindung aus zwei Teilen Wasserstoff (H2) und einem Teil Sauerstoff (O) ist. "Eine geruch- und geschmacklose, durchsichtige, in dicker Schicht schwachblaue Flüssigkeit", wie es das "dtv Brockhaus"-Lexikon formuliert.

Höhere Weihen erfährt das Wasser in allen Religionen - Taufe, rituelle Waschungen oder Meeresgötter - und in Sagen, Märchen und Mythen - von Atlantis bis zum Bermuda-Dreieck. Und selbstverständlich in der Politik.

So schrieb Fredy Mayer, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes, das auf die Trinkwasserversorgung von Kriegs- und Katastrophenopfern spezialisiert ist, im März dieses Jahres in der Wiener Zeitung "Die Presse": "Wenn der scheidende Chef des UN-Umweltprogramms Klaus Töpfer anlässlich des Weltwassertages die Augen der Welt auf die tödlichen Folgen des Problems lenkt, dass rund 1,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, ist das ehrenwert und notwendig. Wenn er gegenüber den Medien eine tickende Wasserbombe beschwört, dann gleitet die Debatte aber leider in puren Sensationalismus ab. Denn dass, wie die Weltbank vor zehn Jahren erstmals behauptet hat, dass die Kriege der Zukunft nicht um Öl, sondern um Wasser geführt werden, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch."

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Ressourcen: Zeit der Dürre, wenn kein Wasser mehr da ist.

Zeit der Dürre, wenn kein Wasser mehr da ist.

(Foto: Foto: AFP)

Wenn jemand wie Mayer zwar weiß, dass "Süßwasser ... ein strategisches Gut" ist, das sich "nur in gewissen Grenzen" erneuern "und durch keine andere Ressource ... substituieren" lässt, dennoch den Schluss zieht "wegen Wasser werden keine Kriege geführt", dann hat er entweder kein politisches oder kein geschichtliches Bewusstsein. Auch, wenn er mitteilt, ihm sei bekannt, dass "Die Zerstörung von Wasserversorgungs-Anlagen ...zu Recht als Kriegsverbrechen" gilt.

Wasser sei aber bisher "praktisch nie ein Kriegsgrund" gewesen, sehe "man vom Konflikt zwischen Urlama, König von Lagash, und seinem Rivalen Umma ab, dem ersterer durch die Umleitung von Euphrat und Tigris das Wasser abgrub - aber das war vor 4500 Jahren". Ein Blick in den Nahen Osten oder das Afrika von heute würde ihn eines Besseren belehren.

Selbst viele Western-Streifen aus der Traumfabrik Hollywood befassen sich mit Konflikten um Wasserrechte: "Wer die Quelle hat, dem gehört das Tal!" Ganz abgesehen von den Rechten, die den "Kampf" um Nahrungsmittel aus dem Wasser - Fische und sonstiges Meeresgetier; Stichwort: Walfang, Kabeljaukrieg - regeln. Oder denen, die den Umgang mit Bächen, Flüssen, Seen und Meeren festlegen.

Manche Regierung scheint der Ansicht zu sein, für sie und ihre Nation ginge es nicht darum, künftigen Generationen überall auf dem Globus eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.

Welche Brisanz eine Wasserarmut hat, die "die wirtschaftliche Entwicklung hemmt", und dass "Wasser ... - vor allem durch den Entzug - in der Tat auch als Waffe eingesetzt" wird, erkennt auch Fredy Mayer. Ihm muss allerdings entgangen sein, dass Kriege schon um weniger geführt worden sind.

Aus der Tatsache, dass es bislang wegen des Stoffes aus dem der Mensch, wie andere Säugetiere auch, zum größten Teil gefertigt ist (der menschliche Körper besteht zu zwei Dritteln aus Wasser, das Gehirn - auf das der Mensch so stolz ist - sogar zu über 90 Prozent), noch nicht geknallt hat, zu schließen, das käme nicht in Frage, heißt, nicht über den Tellerrand schauen zu können.

Obschon bekannt ist, dass 97 Prozent allen Wassers auf der Erde stark salziges - der Schifffahrt und dem Fischfang nützliches - Meerwasser sind, behandelte der Mensch das Süßwasser lange Zeit, als sei es in unbegrenzter Menge vorrätig. Er verprasste es zum Beispiel als Spülwasser in WCs, vergeudete es zum Autowaschen, verschmutzte es mit jedem Dreck, dessen er sich entledigen wollte.

Was das betrifft, hat ein anderes Denken, ein umweltbewussteres Handeln eingesetzt. Der Broschüre "Die Wasserrahmenrichtlinie - Ergebnisse der Bestandsaufnahme 2004 in Deutschland" des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) vom August 2005 ist zu entnehmen, dass noch längst nicht alles zum Besten bestellt ist, dass sich aber bereits vieles in Bächen, Flüssen und Seen zum Guten gewendet hat.

Wenn von Wasser und Gewalt die Rede ist, ist beileibe nicht nur der Umgang des Menschen mit dem "Blut des Planeten", wie Leonardo da Vinci das Lebenselixier nannte, gemeint.

Dass das Wasser selbst dem Menschen Gewalt antun kann, zählt zu den Binsenweisheiten. Tsunami, Hamburger Sturmflut, Land unter auf den Halligen in der Nordsee, die alles mit sich reißenden und ertränkenden Flüsse und Bäche der ersten Tage dieses Jahres sollten als Schlagwörter dazu dienen, dem Menschen klar zu machen, dass seiner vermeintlichen Allmacht Grenzen gesetzt sind. Dazu gehört auch die Erkenntnis:Wasser ist Leben.

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