Regenwald-Abholzung:Rodung ohne Weitblick

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Viele arme Brasilianer lassen sich am Rande des Regenwalds nieder - und holzen ihn ab. Das mag schnellen Gewinn abwerfen, doch langfristig profitieren die Einheimischen davon nicht.

Tina Baier

Der Amazonas ist der größte tropische Urwald der Welt. Etwa die Hälfte aller Landpflanzen und -tiere leben dort. 36 Millionen Hektar, eine Fläche, die größer ist als ganz Deutschland, wurden in den vergangenen 20 Jahren bereits abgeholzt. Wie sinnlos diese Umweltzerstörung ist, unterstreicht eine neue Untersuchung, derzufolge die dort lebenden Menschen kaum von der Ausbeutung des Regenwalds profitieren ( Science, Bd.324, S.1435, 2009).

Ein Stück intakter Regenwald in Brasilien: Abholzen lohnt sich nicht, an vielen Stellen geschieht es trotzdem. (Foto: Foto: dpa)

Viele arme Brasilianer lassen sich auf der Suche nach Arbeit in den Gemeinden am Rande des Urwalds nieder. Ein britisch-brasilianisches Forscherteam hat nun gezeigt, dass sich ihre Situation zwar kurzfristig verbessert, wenn sie beginnen, den Regenwald in ihrer Umgebung abzuholzen. Schon nach kurzer Zeit geht es den Menschen aber wieder genauso schlecht wie zuvor.

Die Wissenschaftler verglichen den sogenannten Human Development Index (HDI) von 286 Amazonasgemeinden aus dem Jahr 2000 mit aktuellen Daten. Der HDI setzt sich zusammen aus Informationen zur Lebenserwartung, zum Bildungsstandard und zum allgemeinen Lebensstandard gemessen am Pro-Kopf-Einkommen der jeweiligen Gemeinde.

Direkt an der Grenze zum Regenwald ist der HDI am höchsten. "Wahrscheinlich weil die Menschen die neu verfügbaren natürlichen Ressourcen wie Land, Tropenholz und Mineralien zu Geld machen", schreiben die Forscher. Das Durchschnittseinkommen in diesen Gemeinden sei sogar höher als der durchschnittliche Verdienst in ganz Brasilien.

Doch so schnell, wie der relative Reichtum gekommen ist, verschwindet er auch wieder. Als Erstes werden die wertvollen Tropenholzbäume, vor allem Mahagoni, gefällt und verkauft - 90 Prozent davon illegal. Der restliche Wald wird brandgerodet, wobei riesige Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangen.

Auf den freien Flächen züchten die Menschen entweder Rinder oder pflanzen Soja an. Greenpeace hat einst ausgerechnet, dass für jeden Hamburger, der aus Amazonas-Rindfleisch hergestellt ist, fünf Quadratmeter Urwald zerstört werden. Ein großer Teil der Soja-Ernte dient als Futter für Rinder, Schweine und Hühner in Asien und Europa. Mehr als 75 Prozent der gerodeten Flächen werden schon nach kurzer Zeit wieder aufgegeben, weil der Boden ausgelaugt ist.

© SZ vom 12.06.2009/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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