Süddeutsche Zeitung

Regenerative Medizin:Ins Auge

Im Labor gezüchtete Stammzellen stoppen das Augenleiden einer Patientin in Japan. Ihre Ärzte halten die Methode für sicher. Andere Verfahren erwiesen sich als gefährlich. In Florida erblindeten drei Frauen nach einer obskuren Behandlung.

Von Hanno Charisius

Eine Therapie mit Stammzellen hat die Augenkrankheit einer 80-jährigen Japanerin zwar nicht heilen können, doch zumindest aufgehalten. Zweieinhalb Jahre nach der Transplantation des Ersatzgewebes, das die Ärzte aus Hautzellen der Patientin erschaffen hatten, berichten die Operateure im Fachblatt NEJM über den Eingriff. Damit stehe nunmehr fest, dass eine solche Therapie sicher sei für Patienten, schreiben die Augenärztin Masayo Takahashi und ihre Kollegen.

Die Forscher hatten Hautzellen der Patientin im Labor chemisch so behandelt, dass sich diese in Stammzellen verwandelten, die Eigenschaften von vielen Gewebetypen annehmen können. Nach der Transplantation dieser Zellen kam es zu keiner Abstoßungsreaktion oder anderen Nebenwirkungen. Besser sehen kann die Patientin allerdings nicht, immerhin hat sie nicht noch mehr ihres Sehvermögens durch die altersbedingte Makuladegeneration verloren. Beim ersten Test solcher Zellen im Menschen ging es laut Takahashi aber auch nicht um Heilung, sondern um die Sicherheit. Die Stammzellen eines zweiten Patienten waren nicht implantiert worden, weil sich während ihrer Herstellung zu viele Fehler im Erbgut angesammelt hatten. Dadurch erhöht sich das Risiko für Komplikationen.

In derselben NEJM-Ausgabe warnen Forscher in einem weiteren Beitrag ausdrücklich vor einer gefährlichen Form der Zelltherapie. Drei Frauen waren im US-Bundesstaat Florida erblindet, nachdem ihnen Ärzte Zellen injiziert hatten, die sie aus dem Fettgewebe der Patientinnen gewonnen hatten. In einer Mitteilung warnt die amerikanische Zulassungsbehörde FDA vor solchen obskuren Heilversuchen, die weltweit von vielen zweifelhaften Stammzell-Kliniken angeboten werden.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2017
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