Süddeutsche Zeitung

Raumforschung:Der blaue Mars

Der Rote Planet war möglicherweise einst von einem riesigen Ozean bedeckt. US-Forscher halten sogar einen ähnlichen Wasserkreislauf mit Wolken, Niederschlägen und Flüssen wie auf der Erde für möglich.

Lange Zeit war umstritten, ob es überhaupt Wasser auf dem Mars gab oder gibt. Nun gehen Wissenschaftler davon aus, dass ein großer Teil des Roten Planeten früher sogar von einem gewaltigen Ozean bedeckt war.

Wie die US-Forscher berichten, soll sich das Meer vor rund 3,5 Milliarden Jahren über mehr als ein Drittel der Marsoberfläche erstreckt haben.

Der Nachbarplanet der Erde habe damals einen ausgeprägten Wasserkreislauf ähnlich dem auf der Erde besessen, mit Verdunstung, Wolken, Niederschlägen und Flüssen, vermuten sie. Der Himmelskörper habe damit zumindest theoretisch über grundlegende Voraussetzungen für die Entstehung von Leben verfügt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Geoscience.

Das Team um Brian Hynek und Gaetano Di Achille von der University of Colorado in Boulder identifizierte auf Aufnahmen der Marsoberfläche insgesamt 52 Flussdeltas. Jedes davon wurde von mehreren Wasserläufen gespeist. Da 29 dieser Deltas auf der gleichen Höhe liegen, gehen die Forscher davon aus, dass sie die Begrenzung eines Ozeans bilden.

Dieses Meer bedeckte demnach 36 Prozent der Oberfläche und enthielt 124 Millionen Kubikkilometer Wasser. Auf den gesamten Mars hochgerechnet entspräche dies einer durchschnittlichen Meerestiefe von 550 Metern.

In einer zweiten Untersuchung entdeckten Forscher auf dem Planeten rund 40.000 Flusstäler - vier Mal mehr als bisher bekannt. "Die große Zahl dieser Flusstäler erforderte eine beträchtliche Menge an Niederschlägen", sagte Hynek.

Er schließt daraus, dass der Mars damals einen ähnlichen Wasserkreislauf hatte wie die Erde mit Verdunstung, Wolkenbildung, Niederschlägen, Grundwasser, Seen und zum Meer hin strebenden Flüssen, an deren Mündungen sich Sedimente ablagerten.

Hilfreich für die Suche nach Lebensspuren

Die Studie könnte Forschern helfen, die seit langem diskutierte grundlegende Frage zu klären, ob auf dem Nachbarplaneten, der der Erde in vielerlei Hinsicht gleicht, ebenfalls Leben entstand ist. Gerade in den Deltagebieten wäre die Suche nach Spuren von Organismen wie etwa Bakterien besonders erfolgversprechend. Denn etwaiges organisches Material könnte vom Wasser bis zu den Flussmündungen geschwemmt worden sein und sich dort in den Sedimenten abgelagert haben.

"Auf der Erde sind Deltas und Seen exzellente Sammelstellen und Bewahrer von Hinweisen auf früheres Leben", erläuterte Di Achille. "Wenn es jemals Leben auf dem Mars gab, könnten Deltas der Schlüssel sein, der das Tor zur biologischen Vergangenheit des Planeten öffnet."

Nicht alle Experten sind allerdings von den Schlussfolgerungen der beiden Forscher überzeugt. Wie etwa Rossman Irwin vom Planetary Science Institute in Tucson, Arizona, dem US-Wissenschaftsdienst Sciencenow erklärte, gibt es einige Flussdeltas und -täler, die unterhalb des Meeresspiegels gelegen haben müssten, den Hynek und Di Achille vorschlagen. Und das wäre physikalisch unmöglich, wenn zu ihrer Enstehung ein tiefer Ozean existiert hätte.

Einstweilen treibt die Forscher aber noch ein anderes Problem um. "Eine der Hauptfragen, die wir beantworten wollen ist, wo das ganze Wasser geblieben ist", sagt Di Achille. Die für das Jahr 2013 geplante Mission Maven (Mars Atmosphere and Volatile Evolution) soll diese Frage klären.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.958863
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/apn/mcs
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.