Raumfahrt:Weckruf für einen Weltraum-Oldtimer

Raumfahrt: Ins All gestartet, als Jimmy Carter US-Präsident war: die Raumsonde ISEE-3.

Ins All gestartet, als Jimmy Carter US-Präsident war: die Raumsonde ISEE-3.

(Foto: Nasa/AFP)

Private Weltraumfans wollen die 36 Jahre alte Raumsonde "ISEE-3" wiederbeleben. Die Nasa hat der ambitionierten Aktion bereits zugestimmt.

Von Patrick Illinger

Mit Weltraumsonden verhält es sich wie mit Autos. Die meisten gehen nach wenigen Jahren kaputt oder verlieren ihren Reiz. Ihr Design wird unmodern, oder die Technik veraltet. Doch manchmal erlangt ein Exemplar Oldtimer-Status. Plötzlich wird das Vehikel, veraltet oder nicht, restauriert, gepflegt und liebevoll konserviert.

Im Weltraum passiert das derzeit mit einem erstaunlich gut erhaltenen Raumschiff, das die Nasa 1978 unter der Regierung von US-Präsident Jimmy Carter ins All geschickt hat: dem International Sun-Earth Explorer 3, kurz ISEE-3. Eine Gruppe privater Weltraumfans will dieser an sich längst ausgemusterten Sonde nun zu neuer Blüte verhelfen. Der Besitzer, die Nasa, hat soeben zugestimmt.

Gemessen an den im All üblichen Lebenszyklen, hat ISEE-3 eine bemerkenswerte Historie hinter sich. Einst in den Weltraum geschickt, um Sonnenwinde zu vermessen, wurde das Fluggerät 1982 umgewidmet und Teil eines ambitionierten Wettlaufs im All. Unter dem neuen Namen International Cometary Explorer bekam die Sonde den Auftrag, als erstes Raumschiff den berühmten Halley'schen Kometen anzusteuern. 1985 flog die Sonde dann zunächst durch den Schweif des Kometen Giacobini-Zinner, um ein Jahr darauf tatsächlich den Kometen Halley zu erreichen, vor den Europäern, vor Russland und Japan.

1997 beschloss die Nasa, das Forschungsinstrument aufzugeben, was sich allerdings als rein bürokratische und nicht technische Entscheidung erwies. Die Sonde blieb nämlich auch ohne Nasa-Unterstützung aktiv. Und sie ist es heute noch.

2008 entdeckte das für Weltraumkommunikation zuständige Deep Space Network überraschend Funksignale von ISEE-3. Im März dieses Jahres fingen auch Amateurfunker Signale der Sonde auf und berechneten ihre Flugbahn. In diesem Sommer wird das rüstige Raumschiff erstmals seit 30 Jahren nah an der Erde vorbeisausen.

Diese seltene Gelegenheit will nun eine engagierte Gruppe von Hobbyastronomen nutzen, um die Kontrolle über das Fluggerät zu erlangen und die Sonde möglichst erneut auf Forschungsmissionen zu schicken. Am Mittwoch dieser Woche gab die Nasa ihr grundsätzliches Einverständnis für das privat organisierte "ISEE-3-Neustart-Projekt".

Mehr als 130 000 Dollar haben die Weltraum-Enthusiasten mittels Crowdfunding von Spendern im Internet eingeworben. Mit einem Teil des Geldes wurden bereits Funkgeräte gekauft, um der nahenden Sonde spätestens Mitte Juni Steuerbefehle zu übermitteln. Weil die einst von der Nasa-Bodenkontrolle benutzten Geräte nicht mehr existieren, müssen die Hobbyforscher die Steuerelektronik mit einer Software nachstellen.

Geht alles gut, werden die Hobbyraumfahrer das Vehikel aus seinem derzeitigen Schlafmodus erwecken, die Triebwerke zünden und es auf eine Erdumlaufbahn einschwenken lassen. Dort könnte es dann als erste echte Volkssonde die interessierte Menschheit mit aktuellen Daten über das Weltraumwetter versorgen.

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