Süddeutsche Zeitung

Raumfahrt:Nasa: Mission Weltraum-Waschmittel

Auf der Internationalen Raumstation (ISS) wird getragene Kleidung ins All entsorgt. Auf Mond- oder Marsmissionen soll aber zukünftig gewaschen werden.

Von Marlene Weiß

Die Aussicht mag unschlagbar sein, aber abgesehen davon hält das Leben im All durchaus auch Unannehmlichkeiten bereit. Man ernährt sich oft aus Beuteln und Dosen, es gibt meist weder Dusche noch Badewanne, auf einen kurzen Gang vor die Tür muss man sich umständlich vorbereiten. Und bald könnte auch noch die Hausarbeit mehr werden: Die Nasa will es Astronauten ermöglichen, ihre Kleidung im All zu waschen. Dazu hat die US-Weltraumbehörde mit der Waschmittelmarke "Tide" des Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble eine Vereinbarung unterzeichnet. Von 2022 an soll an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) ein Weltraumwaschmittel getestet werden.

Bislang beschränken sich Haushaltstätigkeiten im All weitgehend auf Putzen und Staubsaugen, schon das füllt oft einen guten Teil des Samstags. Schmutzige Kleidung sortieren, waschen, trocknen, bügeln, zusammenfalten kann man sich dagegen sparen. Bis auf Unterwäsche wird alles so lange getragen, wie es geht. Was zu sehr müffelt, um noch zumutbar zu sein - immerhin müssen Astronauten täglich mehrere Stunden Sport machen, um dem Muskelschwund entgegenzuwirken -, kommt in den Müll. Der wird in einer angedockten Transportkapsel gesammelt und bei nächster Gelegenheit Richtung Erde geschickt, um in der Atmosphäre zu verglühen. Ein Rücktransport getragener Kleidung zur nächsten Waschmaschine, 400 Kilometer weiter unten, würde sich nicht lohnen.

Auch Urin wird zu Trinkwasser aufbereitet

"Eigentlich wäre eine Weltraum-Waschmaschine technisch keine allzu große Herausforderung", sagt Volker Schmid vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Ein Problem sei nur der Platzbedarf. Schließlich ist Wasser im All viel kostbarer als saubere T-Shirts: Rund 90 Prozent des verbrauchten Wassers, einschließlich des Urins der Astronauten, werden wieder zu Trinkwasser aufbereitet. Auch ein Waschsystem müsste idealerweise einen eigenen geschlossenen Wasserkreislauf haben, "das könnte ein ganzes Nutzlastabteil füllen", sagt Schmid. Diesen Platz gibt es momentan auf der ISS so nicht - zumal die Wegwerf-Logistik ja funktioniert.

Spätestens für eine längere Mondmission oder erst recht für einen bemannten Flug zum Mars, der rund drei Jahre dauern würde, muss jedoch wohl eine Art Waschmaschine her. Pro Astronaut und Jahr kommen laut Nasa rund 70 Kilogramm Einmal-Kleidung zusammen, das wäre wahrscheinlich zu viel, um es zum Mars mitzuschleppen.

Ansätze zur Lösung des Wäscheproblems hat es schon öfter gegeben. Wie die US-Wissenschaftsautorin Mary Roach in ihrem Buch "Packing for Mars" schreibt, gab es bereits 1964 - allerdings offenbar mit wenig Begeisterung aufgenommene - Überlegungen, ob sich Astronautenkleidung aus pflanzlichen oder tierischen Fasern zu Nahrung aufbereiten ließe. Der US-Astronaut Don Pettit wiederum, auf der sechsten ISS-Mission von 2002 bis 2003 als Wissenschaftsoffizier an Bord, verwendete alte Unterwäsche kombiniert mit russischem Weltraumtoilettenpapier als Substrat für Tomaten- und Basilikumpflanzen.

Die Nasa dürfte sich in der Wäschefrage aktuell allerdings eher an Pettits Kommandant Ken Bowersox orientieren. Der ist unter anderem für eine einfache Technik bekannt, mit der er damals seine Lieblingsshorts an Bord der ISS wusch - in einem Plastikbeutel.

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