Wenn es kälter wird und dunkler, wenn die ersten Frosttage drohen, wenn der Herbst mit voller Wucht zuschlägt, dann kann sich zumindest ein Europäer auf äußerst sonnige Aussichten freuen. Er heißt BepiColombo , ist mehr als sechs Meter groß, bringt vier Tonnen auf die Waage und wartet derzeit in Französisch-Guayana auf bessere Zeiten.
Von dort aus soll Bepi, wie die Raumsonde von ihren Entwicklern genannt wird, in der Nacht auf den 20. Oktober zu einer großen Reise aufbrechen. Es geht - sofern nichts mehr dazwischenkommt - zum Merkur, dem innersten, geheimnisvollsten, vor allem aber ausgesprochen hitzigen Nachbarplaneten der Erde. Und es wird, so viel steht jetzt schon fest, ein heißer Trip. Scheitern nicht ausgeschlossen. "Wir fliegen in einen Pizzaofen", sagt Ulrich Reininghaus, Projektmanager der europäisch-japanischen Raumfahrtmission.
Und das ist durchaus ernst gemeint: Merkur, eine kleine, felsige Welt, kreist äußerst nah um die Sonne - mit nur einem Drittel des irdischen Abstands. Folglich steigen die Temperaturen an der Oberfläche des Planeten auf mehr als 430 Grad Celsius. Auch die Intensität der Sonne - und damit verbunden ihre Wärmestrahlung - fällt zehnmal so stark aus wie auf der Erde. Es ist kein Ort, an dem man eine Raumsonde ungeschützt aussetzen will. Nicht einmal im irdischen Herbst oder Winter.
Von allen felsigen Planeten ist Merkur daher noch immer der mit Abstand am wenigsten erforschte. Lediglich zwei US-Sonden statteten dem Himmelskörper in der Vergangenheit einen Besuch ab: In den 1970er-Jahren flog der Planetenerkunder Mariner 10 dreimal an Merkur vorbei. Das meiste Wissen, das Astronomen über den innersten Planeten sammeln konnten, stammt allerdings von der Sonde Messenger. Von 2011 an kreiste das Raumfahrzeug vier Jahre lang in sicherer Entfernung um Merkur. Messenger zeichnete das Bild einer seltsamen Welt, geprägt von uralten vulkanischen Aktivitäten, von einem schwachen, asymmetrischen Magnetfeld und von Wassereis in den schattigen Kratern am Nordpol.
BepiColombo , benannt nach dem italienischen Ingenieur Giuseppe "Bepi" Colombo, soll dieses Bild nun verfeinern. Die Mission soll ergründen, wie der Planet aufgebaut ist, was auf seiner Oberfläche vor sich geht, wie er einst entstand - mit ihm die Erde und die anderen felsigen Brocken im Sonnensystem. Es ist eine große Aufgabe, daher fliegen gleich zwei Sonden, übereinandergestapelt und zunächst fest verbunden, zum Merkur. Am Ziel angekommen, werden sie getrennt. Bepis japanischer Teil wird dann einen respektvollen Abstand von bis zu 12 000 Kilometern zum Planeten einhalten. Das deutlich größere europäische Segment wagt sich näher heran - auf minimal 480 Kilometer. Elf wissenschaftliche Instrumente sollen dabei den Merkur untersuchen.
Einfach wird das nicht. BepiColombo gilt zwar als einer der größten Hoffnungsträger in der europäischen Planetenforschung. Jahrelang war die Mission, die bereits 2013 abheben sollte, allerdings auch ihr größtes Sorgenkind: "Es gab Momente, in denen wir uns ratsuchend anschauten und auch nicht wussten: Haben wir jetzt noch eine Möglichkeit oder war's das?", sagt Ulrich Reininghaus. Seit 2008 arbeitet der Physiker im Auftrag der Europäischen Raumfahrtagentur Esa an dem Projekt.