Süddeutsche Zeitung

Raumfahrt:Mini-Raumschiffe erreichen die Umlaufbahn

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Forscher haben die kleinsten Raumschiffe aller Zeiten ins All geschickt. Eines Tages sollen solche Mini-Sonden Planeten außerhalb des Sonnensystems besuchen.

Von Marlene Weiß

Die kleinsten Raumschiffe aller Zeiten haben nur das Format einer größeren Briefmarke. Sie sehen aus, wie es eben aussieht, wenn man Solarzellen, Antennen, Sensoren und Mikroprozessoren auf eine winzige Leiterplatte schraubt - eher wie eine Bastelei aus dem Keller als Raumschiff Enterprise. Trotzdem bekommen die Mini-Sonden einige Aufmerksamkeit, seit diese Woche bekannt wurde, dass die private Breakthrough-Starshot-Initiative schon am 23. Juni erfolgreich sechs der winzigen Satelliten ins All geschossen hat.

Hinter dem Manöver steht ein großer Traum. Eines Tages, so die Hoffnung der Breakthrough-Ingenieure, könnten ganze Schwärme solcher leichten, billigen Sonden mit bis zu 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit zu fernen Sternen aufbrechen, angetrieben von Lasern auf der Erde. In nur zwanzig Jahren könnten solche Geräte das Sternsystem Alpha Centauri erreichen, den nächsten Nachbarn der Sonne, und unter anderem Bilder des Exoplaneten Proxima B zurück zur Erde schicken.

Stephen Hawking unterstützt die Idee

Der aus heutiger Sicht ziemlich abwegige Plan hat prominente Unterstützer, darunter den Physiker Stephen Hawking und den Milliardär Juri Milner, dem größten Geldgeber der Breakthrough-Initiativen. Neben Breakthrough Starshot gehören dazu noch Breakthrough-Listen, -Watch und -Message, die etwaige außerirdische Lebensformen aufspüren und mit ihnen Kontakt aufnehmen wollen.

Selbst wenn die rasante Fahrt zu den Sternen tatsächlich im Bereich des Möglichen liegen sollte, wäre es bis dahin noch ein weiter Weg, das räumen selbst die Entwickler ein. "Das ist eine sehr frühe Version dessen, was wir in den interstellaren Raum schicken würden", sagte der Chef von Breakthrough Starshot Pete Worden, früher ein leitender Nasa-Forscher, dem Scientific American. Fürs erste arbeiten die Forscher noch daran, die Elektronik der Mini-Sonden, Sprites genannt, zu testen. Jeweils eine reiste huckepack auf dem dem lettischen Satelliten Venta-1 und dem italienischen Satelliten Max Valier in eine niedrige Erdumlaufbahn - letzterer hat laut Scientific American vier weitere Sprites an Bord, die noch darauf warten, als unabhängige Raumschiffe in den Erdorbit entlassen zu werden. Konstruiert wurden die beiden Satelliten von der deutschen Firma OHB Systems, deren "großzügige Unterstützung" das Projekt laut der Breakthrough-Initiative erst ermöglicht habe.

Zunächst gibt es indes offenbar noch Schwierigkeiten, mit den beiden aktiven Mini-Sonden zu kommunizieren, sie sind außen an den beiden Satelliten montiert. "Es besteht zur Zeit ein noch etwas eingeschränkter Kontakt zu den Satelliten Max Valier und Venta-1", sagt Fritz Merkle, Vorstand bei OHB Systems. Dadurch konnten bisher noch nicht alle Funktionen auf dem Satelliten aktiviert werden; deshalb dürften auch die Sprites nur teilweise erreichbar sein. Mit Hochdruck werde an einer Lösung gearbeitet, um vollen Zugriff auf alle Systeme zu bekommen.

"Bislang können wir nur mit einem der beiden Sprites kommunizieren", sagte Pete Worden der SZ - und man wisse leider nicht, welcher das ist. Die vier anderen an Bord von Max Valier seien bislang gar nicht erreichbar; sie könnten erst abgesetzt werden, wenn die Probleme mit den Satelliten behoben seien. Die Funkverbindung immerhin eines der Sprites mit den Basisstationen in Kalifornien und New York funktioniere aber, "insofern waren wir 100 Prozent erfolgreich".

Gebaut wurden die Mini-Raumschiffe von Forschern an der Cornell University in Ithaca, New York. Eine erste Finanzierung für die Entwicklung des Konzepts kam 2011 über eine Kickstarter-Kampagne zusammen.

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