Raumfahrt:US-Regierung möchte ISS nicht weiter finanzieren

Die Internationale Raumstation ISS umkreist seit 1998 die Erde.

Wird die International Space Station (ISS) künftig privaten Investoren gehören?

(Foto: dpa)
  • Vom Jahr 2025 will die US-Regierung die Raumstation ISS nicht weiter finanzieren.
  • Die Washington Post hat entsprechende Pläne der Trump-Regierung in einem internen Papier der Nasa entdeckt.
  • Den Untergang der steuerfinanzierten Raumfahrt bedeutet das allerdings noch lange nicht.

Von Patrick Illinger

Vom Jahr 2025 an soll die Internationale Raumstation ISS in eine neue Ära übergehen, so wolle es die Regierung Trump, berichten amerikanische Medien. Eine Ära, in der kein Steuergeld mehr in den Betrieb der orbitalen Containeranlage fließt, sondern private Investoren die Kontrolle übernehmen. Nachdem die Washington Post entsprechende Pläne der Trump-Regierung in einem internen Papier der Nasa entdeckt hat, rollt eine Welle der Empörung durch das Internet (Bild-Zeitung: "ISS verscherbeln"). Wird die ISS also künftig Coca-Cola-Station heißen? Werden die Module entsprechend knallrot lackiert? Und wird der Betrieb mit superreichen Übernachtungsgästen finanziert? Gibt es bald eine neue Hotelmarke - "Hilton space"?

Gemach. Erstens sind die Pläne eines amerikanischen Präsidenten für das Jahr 2025 derzeit so aussagekräftig wie eine Wettervorhersage für den Spätherbst. Zweitens gehört die ISS nicht den USA, sondern ist ein Gemeinschaftsunternehmen von fünf Raumfahrtbehörden weltweit, zu denen auch die Esa gehört. Tatsächlich haben Europas Raumfahrer erst im Dezember 2016 die Finanzierung der ISS bis 2024 verlängert. Was danach passiert, ist somit auch aus europäischer Sicht völlig unklar. 2024 ist auch ohne Trump das momentane Haltbarkeitsdatum der Station. Drittens ist es sowohl aus ökonomischen wie auch wissenschaftlichen Gesichtspunkten völlig gerechtfertigt, über den weiteren Betrieb der Station kritisch nachzudenken. Die ISS ist schließlich kein Entwicklungshilfeprogramm, sondern ein Prestigeprojekt von Nationen, die beweisen wollen, dass sie Menschen in den Weltraum schicken können.

Etwa 150 Milliarden Euro sind in den Betrieb der Anlage bereits geflossen, deren Wurzeln bis in den Kalten Krieg reichen, wo sie einst als friedenstiftende Initiative dienen sollte. Rein wissenschaftlich gesehen könnte man heute das ISS-Budget weit sinnvoller einsetzen, als eine Handvoll Menschen 400 Kilometer über der Erde am Leben zu erhalten - zum Beispiel dafür, mit Roboter-Missionen Asteroiden, Monde und andere Planeten des Sonnensystems zu erkunden.

Und selbst wenn man sich - bei der Nasa oder anderswo - für bemannte Raumfahrt entscheidet, so übt der erdnahe Weltraum im Vergleich zu Mond und Mars ungefähr so viel Faszination aus wie der Blomberg im Vergleich mit dem Matterhorn. Mögliche Fernreisen ins All sind einer der Gründe, warum SpaceX in der vergangenen Woche die neue Schwerlast-Rakete Falcon Heavy gestartet hat und an einer weiteren, noch viel kräftigeren Rakete arbeitet.

Die Nasa befindet sich seit Jahren in einer Abhängigkeit von Russland

Hinzu kommt, dass die Nasa seit Jahren in einer, auch von der Obama-Administration höchst ungeliebten Abhängigkeit von Russland steckt. Seit die Spaceshuttles im Juli 2011 in den Ruhestand geschwebt sind, können nur Sojus-Kapseln Menschen zur ISS transportieren. Die russische Raumfahrtagentur Roskosmos lässt sich das gut bezahlen: Für jeden Passagier muss die Nasa rund 60 Millionen Euro nach Moskau überweisen.

So gesehen ist es herzlich egal, was US-Präsident Trump und seine Budgetwächter derzeit über die ISS zusammenfantasieren. Wesentlich mehr Bedeutung für den heutigen Alltag hat zum Beispiel der skandalöse Niedergang der amerikanischen Umweltbehörde EPA, dessen von Trump eingesetzte Führungsfiguren vor allem den Auftrag haben, der Industrie möglichst viele Umweltauflagen aus dem Weg zu schaffen. Das und vieles mehr passiert jetzt, sieben Jahre vor einer theoretischen Privatisierung der ISS im Jahr 2025. Und 2020 sind bekanntlich Präsidentenwahlen in den USA.

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