Rauchen:Aus der Sucht verdampfen

World Health Organisation Calls For Regulation Of Ecigarettes

Sieht zwar nicht danach aus, kann aber wohl bei der Rauchentwöhnung helfen: E-Zigaretten.

(Foto: Getty Images)

E-Zigaretten können Rauchern offenbar besser als andere Ersatzprodukte helfen, sich von ihrer Abhängigkeit zu befreien. Doch Mediziner sorgen sich, dass die Geräte Jugendliche überhaupt erst an Tabak heranführen.

Von Kathrin Zinkant

Er klang so oft nach einer verzweifelten Ausrede, wenn sich die Dampfer draußen vor Lokalen in weiße Wolken hüllten, an teils absurd gestalteten Geräten sogen - und dann behaupteten, das würde ihnen beim Rauchstopp helfen. Tatsächlich aber ist die Frage, ob E-Zigaretten womöglich eine gute Unterstützung für aufhörwillige Tabakabhängige darstellen, zu einer heiß diskutierten Frage in der Präventionsforschung geworden.

Und wie sich jetzt zeigt, lautet die Antwort offenkundig: Ja, E-Zigaretten helfen, und zwar etwa doppelt so gut wie einschlägige Nikotinersatzpräparate, also Kaugummis oder Pflaster. Das zeigt eine aktuelle Studie im hoch angesehenen Fachblatt New England Journal of Medicine, die beide Hilfsmittel über ein Jahr an knapp 900 britischen Rauchern verglichen hat. Zum Ende der Untersuchung schaffte es fast jeder fünfte Teilnehmer aus der E-Zigarettengruppe, vollständig auf den Konsum von Tabak zu verzichten. In der Ersatzpräparategruppe war es nur jeder Zehnte.

"Das ist eine sehr gute Studie, ich würde sie als einen Meilenstein bezeichnen."

Was nicht gerade überwältigend klingt. Angesichts sechs Millionen Menschen jedoch, die weltweit jährlich an den Folgen des extrem schädlichen Tabakkonsums sterben, ist die Erkenntnis mehr als willkommen. Studien, die Auswege für die zumeist schwer Abhängigen zeigen, sind bislang rar. Fachleute zeigen sich von der aktuellen Publikation deshalb fast durchweg beeindruckt, zumal die Chancen von Rauchern, durch kalten Entzug erfolgreich aufzuhören, von manchen Experten auf weniger als drei Prozent geschätzt werden.

"Das ist eine sehr gute Studie, ich würde sie als einen Meilenstein bezeichnen", sagt Onno van Schayck vom Care and Public Health Research Institute im niederländischen Maastricht. "Es ist die erste Publikation, die echte Beweise dafür liefert, dass es einen Mehrwert gibt, E-Zigaretten zur Raucherentwöhnung zu verwenden." Ähnlich sieht es Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. "Bislang gibt es erst zwei vergleichbar hochwertige Wirksamkeitsstudien zum Nutzen von E-Zigaretten in der Tabakentwöhnung", sagt die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention.

Es gibt allerdings Aspekte, die das Ergebnis der Studie etwas relativieren. Zum einen beziehen die Autoren den Begriff der Abstinenz lediglich auf Tabakprodukte, nicht aber auf Nikotin. Das bedeutet, dass die 18 Prozent der abstinenten Dampfer zu einem überwiegenden Teil weiter nikotinabhängig blieben und sich auch so verhielten. Vier von fünf benutzten zum Ende der Studie weiterhin E-Zigaretten, die Probanden hatten die Zigaretten also lediglich substituiert.

"Langfristig könnte die Verwendung von E-Zigaretten anstelle von Zigaretten auch ein Risiko darstellen", sagt van Schayck. Mit Kaugummis oder Pflastern versorgten Rauchern gelang es zwar seltener, auf Zigaretten zu verzichten. Unter denen jedoch, die es schafften, brauchten neun von zehn Teilnehmern am Ende der Studie keine Ersatzpräparate mehr.

Ein zweites Problem liegt darin, dass die Studie ihren Blick ausschließlich auf langjährige Raucher wirft, die den Wunsch hegen, ihr gesundheitsschädliches Verhalten zu ändern. Nicht nur, aber vor allem in den USA kreist die E-Zigaretten-Debatte derzeit aber eher um Jugendliche, die durch bonbonartig aromatisierte Liquids überhaupt erst abhängig von Nikotin werden - und dann den umgekehrten Weg einschlagen, also später zur Zigarette greifen.

Studien haben bislang noch nicht klären können, ob die sogenannte Gateway-Hypothese auf E-Zigaretten zutrifft oder ob die bisherigen Hinweise auf einen solchen Zusammenhang das jugendliche Ausprobieren mit der Abhängigkeit verwechseln. Dennoch sorgen sich manche Experten, dass eine größere Akzeptanz von E-Zigaretten als Entwöhnungsmittel die Verbreitung der Geräte unter Heranwachsenden vorantreibt.

Zudem lässt sich bei der aktuellen Studie schwer einschätzen, ob ein Teil des Effekts nicht auf die intensive, persönliche Betreuung der Probanden zurückzuführen ist. Ute Mons zufolge ist deshalb fraglich, ob sich die Ergebnisse der Studie unmittelbar auf Deutschland übertragen lassen.

"Hierzulande lässt man Rauchern kaum Unterstützung beim Rauchstopp zuteilkommen", sagt die Präventionsexpertin mit Blick auf die "Stop Smoking Services" in Großbritannien, die Rauchstoppwilligen im Vereinigten Königreich umfassende Hilfe anbieten. In Deutschland hingegen können sich Raucher, die aufhören wollen, zwar an Hausärzte und Telefonberatungen wenden. Das Angebot ist allerdings weder flächendeckend organisiert, noch werden nach den derzeitigen Leitlinien E-Zigaretten als mögliches Hilfsmittel empfohlen.

Mons wünscht sich angesichts der aktuellen Arbeit deshalb nun Studien aus Deutschland, die zeigen, ob und wie sich die Dampfgeräte hier sinnvoll in die Entwöhnung einbinden lassen. "Noch wünschenswerter wäre allerdings, wenn sich das deutsche Gesundheitssystem das britische System zum Vorbild nehmen könnte, und auch hier ein besseres Unterstützungssystem für Raucher verankern könnte."

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