Charakter:Psychologen identifizieren vier neue Persönlichkeitstypen

Charakter: Menschen wollen möglichst einzigartig sein, dennoch ist es eine Illusion, dass jeder ganz anders ist.

Menschen wollen möglichst einzigartig sein, dennoch ist es eine Illusion, dass jeder ganz anders ist.

(Foto: Johny Goerend / Unsplash)
  • Psychologen haben Daten von mehr als 1,5 Millionen Menschen ausgewertet und daraus vier Persönlichkeitstypen herauskristallisiert.
  • Die Forscher hinterfragen mit ihrer Einteilung das klassische psychologische Modell der "Big Five"

Von Werner Bartens

Wer ist man noch mal? Ein Jeans-Typ zum Pferdestehlen, Mittelpunkt in jeder Runde oder doch eher Mauerblümchen? Immer dieses Schubladen-Denken, schließlich möchte jeder individuell sein, besonders und einzigartig und sich keinesfalls auf Muster und Macken festlegen lassen. Dennoch sind Persönlichkeitsfragebögen, Psychotests und Typen-Checks nicht nur in Frauenzeitschriften, auf Partnersuche sowie in Bewerbungsrunden beliebt. Es ist schließlich eine Illusion, dass jeder ganz anders ist. Die meisten Menschen lassen sich sehr wohl nach typischen Merkmalen ihrer Persönlichkeit in Gruppen einteilen.

Psychologen und Biowissenschaftler haben jetzt mit Hilfe einer großen Datensammlung versucht, vier Gruppen zu unterscheiden. Im Fachmagazin Nature Human Behaviour zeigen sie anhand der Antworten von 1,5 Millionen Teilnehmern auf einen umfangreichen Online-Fragebogen, dass sich die meisten Menschen einer dieser Gruppen zuordnen lassen: Sie sind entweder überwiegend "durchschnittlich", "reserviert", "Vorbild" (role model) oder aber "selbstzentriert". "Seit den Zeiten von Hippokrates wurde immer wieder versucht, Menschen nach ihrer Persönlichkeit einzuteilen, doch vieles davon ist Unsinn", sagt William Revelle von der Northwestern University, der an der Studie beteiligt war. "Unsere Daten zeigen, in welchen Merkmalen sich die Persönlichkeitstypen tatsächlich unterscheiden."

Mit einem Persönlichkeitstyp will man nichts zu tun haben - Männer sind öfter dabei

Demnach zeichnen sich die als durchschnittlich bezeichneten Typen dadurch aus, dass sie emotional nicht sehr stabil und leicht zu kränken sind. Zwar geben sie sich eher gesellig, aber wirklich aufgeschlossen für neue Erfahrungen sind sie nicht. Frauen finden sich etwas häufiger in dieser Gruppe als Männer. "Der typische Durchschnittsmensch gehört wohl zu dieser Gruppe", sagt Martin Gerlach, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.

Der reservierte Typ klingt hingegen eher langweilig, denn er ist zwar emotional stabil, aber weder sehr aufgeschlossen noch besonders gesellig. Andererseits sind diese Zeitgenossen gewissenhaft, zu Kompromissen in der Lage und nicht sofort verletzt, wenn sie ihre Wünsche und Vorstellungen mal nicht durchsetzen können.

Der dritte Typus, den die Wissenschaftler als Vorbild bezeichnen, ist offen, gesellig, verlässlich und verträglich und noch dazu wenig kränkbar; eine Idealbesetzung für viele Lebenslagen also. Mit zunehmendem Alter kommt er häufiger vor. "Solche Menschen sind aufgeschlossen für neue Ideen und man kann ihnen getrost Aufgaben überlassen", sagt Luis Amaral, der die Studie geleitet hat. "Das Leben ist einfacher, wenn man solche Menschen um sich hat." Mehr Frauen als Männer sind diesem Typus zuzuordnen.

Der selbstzentrierte Typus hingegen ist zwar gesellig, aber wenig empathisch, nimmt kaum Rücksicht, ist nicht sehr zuverlässig, jedoch leicht kränkbar. "Mit solchen Leuten will man wenig zu tun haben", sagt Psychologe Revelle. Männliche Jugendliche und junge Männer sind in dieser Gruppe besonders stark repräsentiert.

Die Forscher um Amaral ergänzen und hinterfragen mit ihrer Einteilung das psychologische Modell der "Big Five". Demnach lassen sich Menschen danach einteilen, wie ausgeprägt die fünf Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus bei ihnen sind. Als Test für die Zuverlässigkeit ihrer Methode hat das Team um Amaral männliche Teenager untersucht, die in der Forschung als besonders egozentrisch gelten. Als sich zeigte, wie stark der selbstzentrierte Typus in dieser Gruppe vertreten war, sahen sie ihre Einteilung bestätigt.

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