Warren Buffet und Bill Gates wissen, wie man reiche Leute zum Spenden bewegt. Ihrem Projekt "The Giving Pledge" ("Das Versprechen zu Geben") haben sich mittlerweile 135 Milliardärsfamilien angeschlossen. Alle Philanthropen erklären sich bereit, im Todesfall einen Großteil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden. Kein kleines Kunststück, möchte man meinen, sind doch viele Reiche eher daran interessiert, ihr Vermögen zu mehren statt zu mindern. Was also macht Reiche spendabel?
Um Spendenverhalten generell zu untersuchen, testen Wissenschaftler in der Regel Studenten, die gegen 30 Euro Aufwandsentschädigung an Studien teilnehmen. Über das Spendenverhalten von Wohlhabenden sagt das naturgemäß wenig aus. Deswegen haben Forscher nun wirkliche Millionäre ins Labor gebeten.
"Ultimatums-" und "Diktatorspiel"
In Kooperation mit einer Bank rekrutierten die Wissenschaftler der Universität Maastricht 663 Millionäre für den Versuch, jeder besaß im Schnitt ein Vermögen von 4,7 Millionen Euro. Zwei Drittel von ihnen spielten das "Ultimatumsspiel". Je zwei Reiche wurden zusammengelost, einer erhielt 100 Euro, die er aufteilen sollte. Dem Wohltäter wurde entweder gesagt, sein Gegenüber sei ebenfalls Millionär oder aber Geringverdiener. Der Empfänger entschied dann, ob er der Aufteilung zustimmte. Oder er konnte ablehnen, dann gingen beide leer aus.
Im Mittel gaben die Teilnehmer 63 Euro, wenn sie glaubten, einen Geringverdiener vor sich zu haben, berichten die Forscher im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Nahmen die Geber an, der Empfänger sei ebenfalls Millionär, teilten sie die 100 Euro zu gleichen Teilen auf. Im ersten Spiel unterschied sich das Spendeverhalten der Millionäre kaum von dem des Normalbürgers. Eine Literaturanalyse der Forscher ergab, dass Personen in früheren Studien beim Ultimatumsspiel, in denen nicht zwischen Millionär oder Geringverdiener unterschieden wurde, etwa 45 Euro verschenkt hatten.
Anders das letzte Drittel der Millionäre, das am "Diktatorspiel" teilnahm. Einziger Unterschied zu vorher: Es bedurfte keiner Zustimmung des Gegenüber - so wie es der Teilnehmer wünschte, so geschah es.
In früheren Studien beobachtete man im Diktatorspiel einen deutlichen Abfall der Großzügigkeit: Im Schnitt spendeten Teilnehmer 17 Euro weniger als im Ultimatumsspiel. Da keine Zustimmung nötig ist, behalten die Probanden einen größeren Anteil für sich.
Millionäre spenden anders
Nicht aber die Millionäre. Dachten sie, ihr Gegenüber sei Geringverdiener, ließen die Millionäre sogar noch mehr Geld springen. Der Betrag stieg von 63 auf 71 Euro. Fast jeder zweite Millionär spendete die vollständige Summe. Selbst wenn sie wussten, dass der andere auch ein Millionär war, gaben sie immer noch im Schnitt die Hälfte des Geldes ab.
Die Forscher erklären dies damit, dass sich die Einstellung der Spender zwischen den zwei Szenarien wandelte. So seien die Teilnehmer des Ultimatumsspiels eine Art Handel eingegangen. Weil der Gegenüber zustimmen musste, hätten die Spender vermutlich darauf geachtet, dass Geben und Nehmen im Einklang standen. Im zweiten Spiel stand eher die gute Tat - die Unterstützung eines Geringverdieners - im Vordergrund. "Fragt man Leute, ob sie etwas Geld für eine gute Sache geben möchten, gibt es viele Personen, die etwas spenden", sagt Studienautor Paul Smeets von der Universität Maastricht. "Soll man allerdings etwas kaufen, um mit dem Erlös etwas Gutes zu tun, findet ein Einstellungswechsel vom Geben zum Handeln statt." Die Personen gäben dann nur so viel, wie sie in der Situation für angemessen erachteten.
Warum aber verhalten sich die Millionäre anders? Eine Erklärung ist deren Alter. Die Teilnehmer waren im Schnitt 64 Jahre alt, andere Studien zeigen, dass ältere Menschen eher bereit zur Spende sind. Ein zweiter Punkt sind die hundert Euro Ausgangswert. Für Studenten ist das eine Menge Geld, den Millionären dürfte es dagegen leichter gefallen sein, einen Teil davon abzugeben. Da sich die Millionäre in den beiden Spielen aber unterschiedlich verhielten, seien trotz deren vergleichsweise geringen Startkapitals Rückschlüsse auf deren tatsächliches Spendeverhalten möglich, so die Forscher.
So sollten Hilfsorganisationen, wenn sie auf das Geld reicher Personen aus sind, sparsam mit Gegenleistungen umgehen, empfehlen die Wissenschaftler. Ein Mindestbetrag bei einer Spende etwa könne dazu führen, dass der Geber weniger spendet, da er einen kleineren Betrag als angemessener ansieht. Zu viel könnte protzig wirken. Es sei daher wichtig, den Kontext bei Spendensammlungen so zu gestalten, dass der Geber einfach nur etwas Gutes tut, für das er letztlich nichts bekommt.