Psychologie:Gute-Laune-Terror

Das Streben nach dem Glück kann nach hinten losgehen und stattdessen negative Gefühle verstärken. Wer das gesellschaftliche Diktat zur guten Laune nicht erfüllen kann, wird auch noch von Schuldgefühlen und Einsamkeit heimgesucht.

Von Sebastian Herrmann

Wenn alle danach streben, glücklich zu sein - was bedeutet das dann für jene, deren Empfinden von dunklen Wolken getrübt ist? Die Unglücklichen werden sich noch unglücklicher fühlen. Das demonstrieren Psychologen um Brock Bastian von der University of New South Wales in Sydney in einer Studie im Fachblatt Social Psychological and Personality Science (online).

Wer schlechter Stimmung ist, depressive Episoden durchlebt oder einfach einen schlechten Tag erwischt, so haben die Forscher beobachtet, der fühlt sich zusätzlich auch noch isoliert und einsam. Die Ursache liege in dem Gefühl, gegen soziale Normen zu verstoßen, schreiben die Psychologen. Denn wenn Gesellschaften besonderen Wert auf individuelles Wohlergehen und Glück legen, dann belegt dies negative Emotionen mit dem Makel des Unerwünschten. Je stärker die Probanden der Psychologen um Bastian glaubten, dass ihre soziale Umgebung ihre Angst oder Traurigkeit missbillige, desto einsamer und isolierter fühlten sie sich.

Die westlichen Gesellschaften legen steigenden Wert auf gute Gefühle. Ständig wird der Einzelne aufgefordert, positiv zu denken, gute Laune zu haben und optimistisch zu sein. Wer nur will, kann alles schaffen, schreien einem die Priester des Positiven entgegen.

Der penetrante Druck, ein Leben mit Nonstop-Sonnenschein zu führen, verfügt alleine über die Macht, die Laune zu verhageln. Der Psychologe Bastian zeigte schon vor drei Jahren in einer Studie im Fachmagazin Emotion, dass diese Glücksbefehle das Gegenteil bewirken können. Je stärker Menschen das Gefühl beschlich, man erwarte eine positive Grundhaltung von ihnen, desto schlechter wurde ihre Laune. Die neue Studie zeigt nun, dass dies spezifische Gefühle sozialer Isolation erzeugen kann. Gute Stimmung kann man eben nicht verordnen. Ebenso wenig lässt sich oft das Gefühl des Scheiterns bekämpfen, wenn einen dunkle Wolken umhüllen.

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