Presseschau:Mit dem Klimawandel leben

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Wie kann sich Europa auf steigende Temperaturen einstellen? Eine Presseschau.

Von Christoph von Eichhorn

Im Extremsommer 2018 beschäftigt europäische Medien eine Frage, die Klimaforscher schon lange umtreibt: Ist es nicht höchste Zeit, dass sich Unternehmen, Behörden und Bürger auf steigende Temperaturen einstellen? Und wenn ja, wie? Dass Dürren und Hitze Europa künftig häufiger treffen, gilt als ausgemacht.

Skandinavien erlebte in diesem Jahr wie Deutschland eine lang anhaltende Trockenperiode. Am Berg Kebnekaise schmolz so viel Eis, dass seine Südspitze nun nicht mehr als höchster Gipfel Schwedens zählt. Skandinavische Landwirte verlangen Hilfen von der Politik, ähnlich wie in Deutschland. Die finnische Zeitung Kaleva hält die Wünsche der Bauern zwar für gerechtfertigt, fordert aber auch ein Umdenken der Verbraucher: In den vergangenen Jahren habe eine Discount-Mentalität Einzug gehalten, Konsumenten hätten niedrige Preise genossen, ohne sich um die Folgen zu sorgen. "Diese Situation hat den Dialog zwischen Handel und Produzenten vergiftet", heißt es in dem Blatt. Die Not der Bauern sei die Quittung für den Geiz. Verbraucher könnten jedoch bereit sein, "ein paar Cent" mehr zu bezahlen, "wenn sie sicher sind, dass das Geld auch bei den Bauern ankommt".

In Frankreich erinnert Le Monde daran, dass die Lasten des Klimawandels oft sehr ungleich verteilt seien. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung seien für die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Umgekehrt seien die Armen den Folgen des Klimawandels am stärksten ausgeliefert. Anpassung an den Klimawandel sei daher auch eine Frage der Gerechtigkeit.

Radikaler argumentiert der Grüne Alain Coulombel in der Online-Zeitung Mediapart. Der Klimawandel verlange außergewöhnliche Antworten, ähnlich einer Mobilmachung im Krieg. "Alle unsere Kräfte - menschlich, finanziell, organisatorisch, technologisch, wissenschaftlich - müssen auf ein Ziel ausgerichtet werden: die Europäer auf schlechtere Lebensbedingungen auf der Erde vorzubereiten", schreibt Coulombel. Das bedeute auch, die eigene Lebensweise zu überdenken, bis hin zur Einführung von Obergrenzen für den Ressourcen- und Energieverbrauch. Jedoch deute nichts in der Politik der EU auf so ein Umdenken hin.

Viele Medien sehen diesen Sommer bereits als Konkurrenz für den Jahrhundertsommer 2003, durch den europaweit 70 000 Menschen hitzebedingt den Tod fanden. "So traurig es klingt: Auch der Sommer 2018 wird Hitzeopfer fordern", prognostiziert die Neue Zürcher Zeitung, und fordert Schweizer Gesundheitsbehörden auf, vorbeugende Maßnahmen zu entwickeln oder zu verschärfen, etwa Hitzefrühwarnsysteme und Aktionspläne bei Hitzewellen. In den als "Hitzeinseln" bekannten Städten müssten Stadtplaner Fassaden begrünen oder Schneisen für Frischluft schaffen. Manche Reaktion auf die Erderwärmung halten Forscher aber auch für kontraproduktiv. So wird sich der Strombedarf für Klimaanlagen wohl bis 2050 verdreifachen. Hier sei eine bessere Alternative gefragt, so die NZZ. "Sonst geraten wir in einen Teufelskreis, in dem die Anpassung an den Klimawandel diesen zusätzlich anheizt."

© SZ vom 25.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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