"Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun ..." - halt, schon falsch. Die Eselsbrücke, um sich die Planeten des Sonnensystems zu merken, endet nicht mehr mit "neun Planeten" (Neptun, Pluto), sondern auf "unseren Nachthimmel". Bei Neptun ist Schluss, seit die Internationale Astronomische Union (IAU) Pluto 2006 zum Zwergplaneten herabgestuft hat. Plutos Pech ist eine neue Definition der IAU: Demnach muss ein Planet groß genug sein, um seine Umlaufbahn zu dominieren. Pluto wird aber von Neptun beeinflusst und teilt sich den Orbit mit anderen Brocken, damit ist er raus.
Um das Votum gab es schon viel böses Blut unter Astronomen. Nun legen US-Planetologen neue Argumente vor, warum Pluto wieder ins Pantheon der Planeten gehört - und etliche andere Himmelskörper im Sonnensystem gleich mit, einschließlich des Mondes der Erde.
Um das zu belegen, haben Forscher um Philip Metzger von der University of Central Florida Dokumente der vergangenen vier Jahrhunderte gewälzt. So zählte Galileo Galilei schon im Jahr 1632 Monde als "Planeten", da er auf der lunaren Oberfläche geologische Strukturen erkannt hatte, die jenen der Erde ähnelten. Diese Orientierung am Aufbau und an Merkmalen wie Wasser oder einer Atmosphäre setzte sich in der Wissenschaft weitgehend durch. Bis ins 20. Jahrhundert wurden neu entdeckte Trabanten anderer Himmelskörper und sogar Asteroiden als Planeten bezeichnet.
Astrologie und Theologie hätten die Diskussion um Planeten verzerrt, so der Vorwurf
Anders lief der Erkenntnisprozess in der breiten Bevölkerung Europas und Amerikas ab. Da das Sonnensystem bis ins 19. Jahrhundert kaum Thema an Schulen war, behalf man sich mit Almanachen aus der Feder von Astrologen. Eine ihrer Annahmen lautet, dass es wenige Planeten gibt, die sich auf geordneten Bahnen bewegen. Denn nur dann lassen sich ihre angedichteten Wirkungen auf den Menschen erklären und auseinanderhalten. Die Vielzahl der neu entdeckten Himmelskörper passte da nicht rein, also sortierten die Astrologen sie kurzerhand aus. Neben der wissenschaftlichen breitete sich so eine volkstümliche Planetenkunde aus. Zweite Quelle der Ungenauigkeit seien theologisch angehauchte Darstellungen gewesen. Wenige Himmelskörper auf idealem Kurs scheinen Gottes Werk besser zu bestätigen als ständig neue Brocken, die sich chaotisch verhalten.
Asteroiden-Abwehr:780 Kilo, um die Erde zu retten
Dass ein großer Asteroid auf der Erde einschlägt, gehört zu den Endzeitängsten der Menschheit. Jetzt stellt sich die Frage: Kann es gelingen, einen Himmelskörper von seinem Kurs abzulenken? Das soll die Raumsonde "Dart" herausfinden - indem sie sich selbst opfert.
"Planeten wurden nicht mehr durch ihre Komplexität definiert, mit einer aktiven Geologie und dem Potenzial für Leben und Zivilisation", beklagt Metzger. "Stattdessen sollten sie möglichst einfach sein und idealisierten Bahnen um die Sonne folgen." Diese volkstümliche Vorstellung habe sich schließlich auch in die offizielle Definition der Astronomen eingeschlichen.
Dass diese noch einmal korrigiert wird, ist aber unwahrscheinlich. "Das ist mittlerweile weitgehend akzeptiert", sagt der Planetologe Tilman Spohn vom International Space Science Institut in Bern. Fachlich pflichtet Spohn aber den US-Kollegen bei: "Gesteinsmonde unterscheiden sich in ihrer Entwicklung und ihrer Physik nicht prinzipiell von Planeten." Würde man jedoch neben Pluto und anderen Zwergplaneten auch Monde neu eingruppieren (allein Saturn zählt 82), hätte man es plötzlich mit Hunderten Planeten im Sonnensystem zu tun. Kaum geeignet für einen Merkspruch - aber eindrückliches Zeichen für die Komplexität der kosmischen Nachbarschaft. Und noch eins zeigt die Arbeit: Selbst eine moderne Wissenschaft wie die Astronomie ist wohl nicht gänzlich frei von Einflüssen etwa aus der Theologie, von denen sie sich längst befreit glaubte.