Klima:Her mit dem Plastikkreislauf

Ausgebranntes Frachtschiff mit Mikroplastik sinkt vor Sri Lanka

Auch umweltverträglich hergestelltes Plastik würde die Meere verschmutzen, wie hier vor der Küste Sri Lankas.

(Foto: Ajith Perera/dpa)

Weil die Kunststoffproduktion massenhaft CO₂ ausstößt, empfehlen Forscher, mehr Ökostrom dafür zu nutzen. Dabei gäbe es eine bessere Lösung.

Kommentar von Marlene Weiß

Es gibt viele Dinge, die in den vergangenen Jahrzehnten mehr geworden sind, nicht immer zum Vorteil des Planeten. Autos zum Beispiel, Straßen, natürlich auch CO₂-Emissionen. Aber besonders schwindelerregend ist das Wachstum beim Plastik: Seit 1950 hat sich die jährlich produzierte Menge von 1,5 Millionen Tonnen auf fast 370 Millionen Tonnen gesteigert, das ist das 247-Fache. Zwar hat sich die Zunahme inzwischen verlangsamt, aber noch immer wächst die Produktionsmenge. Muss das sein?

Es gilt der übliche Ratschlag: viel mehr einsparen, ersetzen und wiederverwerten

Klar ist, dass es Folgen hat. 4,5 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen gehen auf die Plastikindustrie zurück. Das ist ähnlich viel wie der Beitrag der Luftfahrt. Kürzlich hat eine Studie von Forschenden der ETH Zürich ergeben: Der weitaus größte Teil dieser Plastik-Emissionen entfällt auf die Herstellung, und es wird immer mehr, weil sie sich zunehmend in Länder wie China verlagert, deren Energiesystem stark auf Kohle basiert. Sechs Prozent des weltweiten Kohlestroms werden demnach für die Plastikproduktion verbraucht. Das ist nicht ganz so bekloppt, wie mit dem Strom Bitcoins zu schürfen. Aber trotzdem ärgerlich, dass man Kohle verbrennt, um aus Erdöl Plastik zu machen, das hinterher auch oft verbrannt wird.

Man könnte das Plastik stattdessen vermehrt mit erneuerbarer Energie herstellen, wie es das Team der ETH Zürich empfiehlt. Das würde zwar den Fußabdruck all des in Plastik verpackten Plastiks verringern, das man gerade in reichen Ländern so fröhlich konsumiert, aber wirklich nachhaltig ist es nicht, und es ändert auch nichts an der Vermüllung der Ozeane. Stattdessen sollte vor allem viel weniger fossiles Plastik produziert werden.

Das heißt aber nicht, dass in Zukunft nur noch in Unverpackt-Läden eingekauft werden darf; wer das fordert, hat es noch nie selbst versucht oder ist mit beneidenswertem Optimismus gesegnet, was die Umstellungsbereitschaft der Menschen angeht. Sondern es bedeutet, dass gerade beim Plastik ein geschlossener Kohlenstoff-Kreislauf erreicht werden muss. Es wird wohl nie gelingen, das verbrauchte Plastik komplett zu recyclen, aber momentan wird global nur ein Sechstel wiederverwertet. Das ist zu wenig und ließe sich ändern, etwa mit vorgeschriebenen Quoten für Rezyklat-Anteile in Plastikprodukten. Statt aus Erdöl kann man Plastik zum Beispiel aus erneuerbarem Methanol herstellen, aber nicht in unbegrenzten Mengen. Also wie üblich: Einsparen, wiederverwerten, ersetzen.

Zu mühselig, zu kompliziert? Die Alternative wäre, komplett auf Plastik zu verzichten. Dafür aber sind wir längst viel zu abhängig davon.

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