Süddeutsche Zeitung

Persönlichkeit der Menschen:Immer mehr dufte Typen unter uns

  • Positive Charaktermerkmale in Gesellschaften, die etwa dazu beitragen, im Beruf Erfolg zu haben, haben sich verstärkt.
  • Die Wissenschaftler haben für ihre Studie Daten von fast 420 000 finnischen Wehrpflichtigen ausgewertet.
  • Besonders fasziniert hat Wissenschaftler der sogenannte Flynn-Effekt: Ergebnisse von Intelligenz-Tests fallen je Generation um fünf bis 25 Punkte besser aus.

Von Sebastian Herrmann

Die Persönlichkeit der Menschen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten offenbar zum Besseren verändert. So berichten Verhaltensforscher von der Universität Helsinki, positive Charaktermerkmale in Gesellschaften hätten sich verstärkt, darunter jene, die beruflichen Erfolg begünstigen.

Die Wissenschaftler um Markus Jokela haben für ihre Studie Daten der Untersuchungen von fast 420 000 finnischen Wehrpflichtigen ausgewertet, die zwischen 1962 und 1976 geboren wurden. Als Teil der Musterung müssen die Männer einen Persönlichkeitstest absolvieren. Darin zeigte sich, dass die durchschnittlichen Werte für Eigenschaften wie Selbstsicherheit, Bedächtigkeit oder Geselligkeit innerhalb des Untersuchungszeitraums anstiegen. Merkmale wie Maskulinität blieben hingegen fast unverändert, wie die Forscher in PNAS (online) berichten.

Auch in anderer Hinsicht haben sich die westlichen Wohlstandsgesellschaften. Die durchschnittliche Körpergröße ist gestiegen und auch der Body-Mass-Index hat über die Jahrzehnte zugenommen. Besonders fasziniert hat Wissenschaftler jedoch der sogenannte Flynn-Effekt. Dieser ist nach dem neuseeländischen Politologen James Flynn benannt, der 1987 erstmals von der Beobachtung berichtete, dass die Ergebnisse von Intelligenz-Tests mit jeder Generation um fünf bis 25 Punkte besser ausfallen.

Eine Art Flynn-Effekt für die Persönlichkeit

Diese Beobachtung wird in der Regel mit erheblich verbesserten Bedingungen erklärt, unter denen die Menschen aufwachsen: Gesundheitsversorgung, Bildungsangebote, Ernährung und andere wesentliche Entwicklungsfaktoren haben sich in den jüngeren Vergangenheit erheblich verbessert; und das habe womöglich auch die kognitiven Fähigkeiten der meisten Menschen angeschoben. Ähnlich erklären die finnischen Verhaltensforscher nun auch ihre aktuelle Beobachtung und postulieren eine Art Flynn-Effekt für Persönlichkeitsmerkmale.

Vergleichbare Ergebnisse hatten in der Vergangenheit Studien an US-Colleges ergeben. Da sich diese Untersuchungen jedoch ausschließlich auf Studenten bezogen, waren die Aussagen mit größerer Unsicherheit behaftet als nun die Daten aus Finnland, die fast 80 Prozent der zwischen 1962 und 1976 geborenen Männer des Landes abdecken. Was auch immer den beobachteten Trend verursacht, eines lässt sich wohl sagen: Vieles entwickelt sich eben doch zum Guten, offenbar auch der Charakter der Menschen.

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Quelle:
SZ vom 07.06.2017/fehu
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