Klimawandel:Ein Gletscher zerbricht

Klimawandel: Wenig Niederschlag und starker Wind haben der Pasterze im letzten Winter zugesetzt.

Wenig Niederschlag und starker Wind haben der Pasterze im letzten Winter zugesetzt.

(Foto: Jochen Tack/imago images)

Die Gletscherzunge der Pasterze könnte noch in diesem Sommer abreißen. Dadurch droht der untere Teil des größten österreichischen Gletschers völlig abzuschmelzen.

Von Lukas Lorber

Dem längsten Gletscher der Ostalpen, der Pasterze, steht offenbar ein schicksalhafter Sommer bevor. Der untere Teil des größten österreichischen Gletschers ist nur noch über einen sehr dünnen Eisstreifen mit dem oberen verbunden, sagte die Glaziologin Andrea Fischer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften kürzlich im ORF. Dieser dünne Streifen liege auf sehr dunklem Fels auf, der von der Sonne erwärmt wird. Sollte er in diesem Sommer schmelzen, würde der Gletscher zweigeteilt, der Eisnachschub für den unteren Teil wäre dadurch unterbrochen. Die Folge wäre, dass die Gletscherzunge in den nächsten zehn bis 20 Jahren abschmilzt, so Fischer.

Das zurückliegende Winterhalbjahr war ungewöhnlich, schreiben Andrea Fischer und Hans Wiesenegger, Leiter des Hydrographischen Dienstes des Landes Salzburg, in ihrem "Gletschertagebuch". Der Oktober war sehr trocken und der erste nennenswerte Niederschlag kam erst Ende November. Der trockene Schnee, der gefallen ist, konnte sich jedoch nicht mit dem Untergrund verbinden.

Um fast 43 Meter ist der Gletscher im vergangenen Jahr geschrumpft

Da mit dem Schneefall in vielen Bereichen auch starker Wind wehte, wurde der Schnee vom Gletschereis weggeblasen. Besonders in exponierten Bereichen war der Gletscher vom Wind "blankgefegt", so die Forscher. Erst im April konnte sich der wärmere Schneefall mit dem Eis verbinden. Die Niederschlagsmenge war in diesem Winterhalbjahr ebenfalls sehr gering.

Für die Gletscher ist dieser Verlauf problematisch, weil sie im Winter normalerweise eine dicke Schneedecke aufbauen. Diese Schneeschicht reflektiert die Sonnenstrahlung besser als das dunkle Gletschereis und schützt es so vor hohen Temperaturen. Allerdings halten Fischer und Wiesenegger auch fest: Vieles hängt vom Verlauf des Sommerhalbjahres ab. "Jetzt sind wir erst am Ende der ersten Halbzeit, noch ist alles möglich."

Auch für die Pasterze insgesamt sieht es nicht gut aus. Der aktuelle Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins zeigt, dass die Pasterze im Vergleich zur Messperiode im vorherigen Jahr um 42,7 Meter in der Länge abgenommen hat, noch mehr büßte nur der Schlatenkees in der Venedigergruppe ein. Laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) nimmt die Eisdicke im untersten Bereich der Pasterze um rund neun Meter pro Jahr ab, im schuttbedeckten Teil sind es 3,75 Meter jährlich.

Bis zum Jahr 2050, so schätzten Schweizer Klimaforscher vor einigen Jahren, dürften die Alpengletscher rund die Hälfte ihres Volumens von 2017 verlieren, unabhängig davon, wie es bis dahin mit dem Klimaschutz weitergeht. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts dürfte jedoch ausschlaggebend sein, wie entschlossen die Menschheit handelt oder auch nicht: Gelingt es, die Erwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, könnte immerhin ein Drittel des aktuellen Eisvolumens übrig bleiben. Bei ungebremster Erwärmung könnten die Alpen nahezu eisfrei sein, mit nur wenigen Eisflächen in sehr großer Höhe.

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