Panda-Zucht:Ersehnter Nachwuchs

Bären-Pornos, Viagra, künstliche Befruchtungen - viele Maßnahmen werden unternommen, damit Panda-Weibchen trächtig werden. Doch selbst wenn die Zucht erfolgreich ist - das Auswildern bleibt schwer.

Katrin Blawat

Vieles mussten sie schon ertragen, die Pandabären. Bären-Pornos sollten sie anschauen, Viagra nehmen, künstliche Befruchtungen und die ständigen Besuche der Menschen erdulden, die immer nur eines wissen wollten: Hat es endlich geklappt mit dem Sex, ist das Weibchen endlich trächtig?

Panda-Zucht: In Gefangenschaft überleben sie schon ganz gut, die kleinen Pandas, doch ob der Schritt in die Freiheit gelingt, ist zweifelhaft.

In Gefangenschaft überleben sie schon ganz gut, die kleinen Pandas, doch ob der Schritt in die Freiheit gelingt, ist zweifelhaft.

(Foto: AFP)

Dass so viel menschlicher Einfluss die Liebeslust der Bären nicht steigert, wissen auch die Panda-Experten. Dennoch bleibt ihnen nichts anderes übrig, wollen sie die Tiere vor dem Aussterben bewahren. Und allen Misserfolgen und Fehlschlägen zum Trotz haben Wissenschaftler in jüngster Zeit einige Zucht-Erfolge erzielt, die dem Panda vielleicht eine Zukunft verschaffen.

"In den vergangenen zehn Jahren ist in der Nachzucht viel geschehen", sagt Susanne Honnef, Panda-Expertin beim WWF, der den schwarz-weißen Bären seit Jahren als Symboltier nutzt. Im Forschungszentrum für Pandazucht im chinesischen Chengdu ist man vor allem auf den jüngsten Erfolg stolz: 98 Prozent aller dort geborenen Panda-Zwillinge überleben angeblich - mit Hilfe eines Brutkastens.

168 Jungtiere hätten sie bis zum Ende vergangenen Jahres aufziehen können, sagen die Bärenzüchter. Pandas bringen in mehr als der Hälfte aller Schwangerschaften Zwillinge zur Welt. Normalerweise stirbt eines der Jungen kurz nach der Geburt, weil die Mutter es nur schafft, sich um ein Jungtier zu kümmern.

"Es beansprucht all ihre Ressourcen", sagt die Zoologin Eveline Dungl vom Wiener Tiergarten Schönbrunn. Pandabären erreichen als ausgewachsene Tiere ein Gewicht von 150 Kilogramm und mehr. Direkt nach der Geburt wiegen sie jedoch nur etwa 100 Gramm und sind kaum 15 Zentimeter groß. Da passiert es schnell, dass die Mutter ihre Aufmerksamkeit auf ein Jungtier richtet und das andere aus Versehen tottrampelt oder sich darauf setzt.

Die chinesischen Wissenschaftler im Zuchtzentrum greifen ein, ehe so ein Unfall passiert. Sie nehmen der Bärenmutter abwechselnd einen der Zwillinge weg und legen ihn in den Brutkasten. "Ich kann mir gut vorstellen, dass man auf diese Weise Überlebensraten von 98 Prozent erreicht", sagt Dungl. Obwohl auch im Tiergarten Schönbrunn nach beiden Panda-Geburten jeweils einer der Zwillinge gestorben ist, möchte sie die chinesische Methode in Wien dennoch nicht anwenden. "Wenn man die Jungen austauscht, sind die Bären immer wieder der Nähe der Menschen ausgesetzt." Das bedeute Stress für die Tiere, zumal die Pandafamilie sich dafür in Räumen oder einer ähnlichen Umgebung aufhalten müsste, die nur noch wenig mit dem natürlichen Lebensraum zu tun hat.

Gehege bremsen die Liebeslust

Damit Pandas in Gefangenschaft überhaupt trächtig werden, müssen sie fast immer künstlich befruchtet werden. Gehege, egal wie urtümlich und weitläufig, hemmen die Liebeslust der Bären. Daran konnten auch die Sexvideos und Potenzpillen nichts ändern, mit denen chinesische Forscher ihre Tiere animieren wollten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Weibchen nur an wenigen Tagen im Jahr paarungsbereit sind - und oft treffen sie in dieser kurzen Periode kein Männchen. Falls doch, stehen anatomische Besonderheiten im Weg: Der Penis des Pandabären ist extrem kurz, sodass Weibchen und Männchen bei der Paarung geduldig eine Stellung einhalten müssen. Das gelingt in Gefangenschaft fast nie.

Etwa 300 Pandas leben mittlerweile weltweit in Zoos oder Gehegen. "Diese Zahl wird oft als Schwellenwert genannt, um die Tierart nach Auswilderungen in Freiheit erhalten zu können", sagt Dungl. In den kommenden Jahren wollen die chinesischen Forscher vermehrt Pandas auswildern. Zwei Versuche der vergangenen Jahre waren erfolglos, beide Tiere starben nach kurzer Zeit. "Wenn das Auswildern nicht klappt, nützen auch alle Nachzuchten nichts", sagt WWF-Expertin Honnef. Oft wollen in Gefangenschaft geborene Pandas das vertraute Terrain nicht verlassen - keine gute Voraussetzung, um in der Freiheit zu bestehen.

Höchstens 2000 bis 3000 freilebende Pandas gibt es Schätzungen zufolge noch. Damit sich junge, im Forschungszentrum geborene Bären nicht an ein Leben in der Nähe des Menschen gewöhnen, lassen sich die chinesischen Artenschützer Ungewöhnliches einfallen: Das Bild eines Wärters im Panda-Kostüm ging kürzlich um die Welt. Ob solche Tricks helfen? "Ich glaube nicht, dass die Tiere sich davon täuschen lassen", sagt Honnef.

Unsicher ist auch, wie der Lebensraum aussehen wird, in dem die ausgewilderten Pandas später zurechtkommen müssen. Zwar gibt es noch viele geeignete Gebiete, wie chinesische Wissenschaftler berichten. Doch die meisten liegen außerhalb der Naturreservate - wie lange sie erhalten bleiben, weiß also niemand. Die chinesische Regierung plane jedoch, bis 2020 neue, für Pandas geeignete Flächen in die Naturreservate einzuschließen, sagte im Sommer Zhiyun Ouyang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften.

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