Palmöl:Streit um ein Nachhaltigkeitssiegel

Die Agrarkonzerne argumentieren gerne mit den Arbeitsplätzen, die sie schaffen. Allerdings bekommen die meisten Einheimischen keine Verträge, sie dürfen nur - schlecht bezahlt - an Tagen arbeiten, an denen sie gebraucht werden. Selbst wenn kleine Farmen eigenständig Ölpalmen anbauen, können sie sich dem Preisdruck nicht entziehen. Denn das Öl in den Früchten wird schnell ranzig, sie müssen sofort und vor Ort ausgepresst werden. Der Besitzer der lokalen Ölpresse hat damit die Macht, den Preis für die Ernte zu diktieren.

Gegen all diese Übel soll der Roundtable on Sustainable Palm Oil nun Abhilfe schaffen. Im Juni 2011 hat er sein neues Nachhaltigkeitssiegel eingeführt, fünf deutsche Firmen haben seither das Recht erworben, es zu führen. Die bekannteste unter ihnen ist wohl der Backwarenhersteller Lambertz. Das runde Symbol ist etwa auf Keksverpackungen zu finden: ein stilisiertes Palmblatt, darum der Schriftzug "RSPO - Certified sustainable palm oil".

Der Zustand bedrohter Tiere soll "in Betracht gezogen" werden

Wer das Siegel erhalten möchte, dem ist Palmölanbau auf Gebieten mit "hoher ökologischer oder kultureller Bedeutung" untersagt. Zudem solle der Zustand bedrohter Tierarten "ermittelt und ihre Erhaltung in Betracht gezogen werden", so ein weiteres der recht vage formulierten RSPO-Kriterien.

Und das Problem der bisherigen Rodungen wird pragmatisch gelöst: Wurde der Wald früher als 2005 abgeholzt, drückt der RSPO ein Auge zu, das Siegel kann die Plantage dennoch erhalten. So wundert es nicht, dass einige Umweltverbände wie Rettet den Regenwald und die britische Organisation Biofuelwatch bemängeln, dass die Kriterien des Siegels zu schwammig seien und im RSPO die Wirtschaftsunternehmen die Oberhand hätten. Dessen Konzept sei klar auf weiteres Wachstum des Palmölanbaus ausgerichtet.

Doch jegliches Vorhaben, natürliche Lebensräume in großflächige Monokulturen zu verwandeln, könne per Definition nicht nachhaltig sein, sagen die Kritiker. Ihr Vorwurf: Der RSPO betreibe "Greenwashing".

Klaus Schenck von dem Verband Rettet den Regenwald würde es deshalb am liebsten sehen, wenn in den westlichen Ländern überhaupt kein Palmöl mehr verbraucht würde. "Nur weil es sich in Südostasien so schön billig produzieren lässt, haben wir nicht das Recht dort die Regenwälder zu roden." Schließlich habe es bis Anfang der 1980er Jahre keinen nennenswerten Palmölimport nach Europa gegeben. Seifen waren früher aus Knochenmehl.

Nun nennt selbst der WWF den RSPO "kein Öko-Label, sondern einen Mindeststandard." Dennoch ist etwa Martina Fleckenstein, Leiterin Agrarpolitik des WWF Deutschland, von dem RSPO-Ansatz überzeugt: "Einige Unternehmen haben mittlerweile verstanden, dass der nicht-nachhaltige Anbau von Palmöl dramatische Umwelt- und soziale Folgen haben kann".

Fragt man allerdings, weshalb die größten Firmen nicht schon längst von sich aus auf faire und umweltfreundliche Anbaumethoden gepocht haben, erhält man eine klare Antwort: "Bei konventionellem Palmöl haben wir keinerlei Möglichkeit, nachzuverfolgen, wo es herkommt", sagt Nina von Radowitz, Nachhaltigkeitsbeauftragte der Metro-Group.

Doch durch den RSPO können Unternehmen auch ohne genaue Kontrolle der gesamten Lieferkette das Nachhaltigkeitssiegel erhalten - per Zertifikate-Handel. Dieser funktioniert ähnlich wie beim Ökostrom, wo der Verbraucher dafür zahlt, dass regenerative Energie ins Netz eingespeist wird; was jedoch tatsächlich aus seiner Steckdose kommt, lässt sich unmöglich sagen.

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