Süddeutsche Zeitung

Paläogenetik:Warum Wollnashörner ausstarben

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Unsere Vorfahren haben die Wollnashörner wohl nicht ausgerottet, wie neue Gen-Analysen zeigen. Das Ende der Art hatte einen anderen Grund.

Von Julian Rodemann

Über das Aussehen vieler ausgestorbener Lebewesen ist oftmals weniger bekannt, als 3-D-Animationen oder physische Rekonstruktionen suggerieren. Zu spärlich sind die Knochenfunde, zu rudimentär die Fossilien. Nicht so bei Wollnashörnern, die vor Zehntausenden von Jahren durch die Steppen Eurasiens streiften: Von den etwa dreieinhalb Meter langen Pflanzenfressern wurden vollständige Skelette gefunden; im Permafrostboden Sibiriens entdeckte man zudem konservierte Eismumien. Darüber hinaus wissen Wissenschaftler einiges über die Wollnashörner, weil unsere Vorfahren Bilder von ihnen an Höhlenwände malten und Zeichnungen in Steine oder Knochen ritzten.

So steht heute fest, dass Menschen die Wollnashörner jagten. Lange dachte man, dass die Jagd auch einer der wesentlichem Gründe für das Aussterben der Wollnashörner am Ende der letzten Kaltzeit vor etwa 12 000 Jahren war. Seit einigen Jahren mehren sich jedoch Zweifel an dieser These. In einer neue Studie in Current Biology kommen Wissenschaftler nun zu dem Schluss, dass die Populationen der Wollnashörner erst abnahmen, als Menschen schon lange in ihrer Nähe siedelten. Zu dem Zeitpunkt hatten sie die Tiere bereits mehr als zehntausend Jahre lang gejagt. Die Jagd könne folglich nicht zum Aussterben geführt haben, schreiben die Forscher um Love Dalén vom Schwedischen Museum für Naturgeschichte.

Die Population nahm erst am Ende letzten Kaltzeit schlagartig ab

Die Wissenschaftler hatten DNA aus Haar-, Gewebe- und Knochenproben aus Überresten von 14 Wollnashörnern ausgewertet. Anhand der genetischen Diversität dieser Proben konnten sie auf die Gesamtpopulation schließen - ein in der Paläogenetik etabliertes Verfahren. Sie fanden so heraus, dass die Population erst am Ende der Kaltzeit schlagartig abnahm. Verantwortlich waren höchstwahrscheinlich der starke Temperaturanstieg sowie die damit einhergehenden Veränderungen des Lebensraums der Tiere. Die Wollnashörner waren schlicht nicht mehr gut genug an ihre Umwelt angepasst, die sich durch das veränderte Klima stark gewandelt hatte.

Es wurde lange vermutet, dass Menschen erst vor 14 000 oder 15 000 Jahren in den entlegenen Gegenden Sibiriens aufgetaucht sind, also ungefähr zu dem Zeitpunkt, als das Aussterben der Wollnashörner langsam begann. "Doch kürzlich wurden mehrere deutlich ältere Siedlungen gefunden, die bekannteste ist etwa 30 000 Jahre alt", sagt Dalén. Seine Gen-Analysen zeigen, dass von da an die Populationen der Wollnashörner noch lange konstant geblieben waren, bevor sie erst am Ende der Kaltzeit abnahmen.

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