Der Auftakt war verheißungsvoll: Ali Bongo Ondimba, der Präsident von Gabun, erklärte zur Eröffnung der Ozeankonferenz in New York, dass sein Land die größte Meeresschutzzone Afrikas einrichten werde. "Gabun Blue" heißt das Projekt, eine Fläche etwa doppelt so groß wie Brandenburg könnte dann Rückzugsgebiet für das Meeresgetier werden.
Am Freitag ist die erste Konferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der Weltmeere zu Ende gegangen. 8000 Teilnehmer, unter ihnen Regierungsvertreter, Staatschefs und Meeresexperten, haben seit Dienstag verhandelt, wie die Ozeane zu retten seien. Die Stimmung im Hauptsitz der Vereinten Nationen sei konstruktiv gewesen, sagt Steffi Lemke, Bundestagsabgeordnete der Grünen. "Es ging nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie."
So fordert der letzte Entwurf der Abschlusserklärung die Regierungen dazu auf, die Verschmutzung der Meere deutlich zu reduzieren, und beispielsweise weniger Plastik, Düngemittel und ungeklärte Abwasser aus Flüssen in die Ozeane zu leiten. Auch "destruktive Fischereipraktiken" oder undokumentierte Fischerei sollten verhindert werden, heißt es in dem Dokument, das allerdings keine bindende rechtliche Wirkung hat. Vielmehr geben die Staaten lediglich freiwillige Ziele an, und sind dann selbst für die Umsetzung verantwortlich. Die EU hat etwa zugesichert, Westafrika mit 15 Millionen Euro zu unterstützen, um vor Ort eine nachhaltige Fischerei aufzubauen. Für das Management bestehender Meeresschutzgebiete will Europa 60 Millionen Euro beisteuern, vorwiegend in Entwicklungsländern. In europäischen Gewässern soll die Meeresverschmutzung angegangen werden, dazu will Brüssel Reduktionsziele für den Meeresmüll vorgeben.
Viele Umweltprobleme sind lange bekannt, doch die Staaten zaudern
Was am Ende aus den wohlklingenden Verlautbarungen tatsächlich wird, ist offen. So sei Deutschland gleich mit drei Ministerien - Umweltschutz, Landwirtschaft, Entwicklungshilfe - vertreten, sagt Lemke. Doch schon bei der Ausweisung von Meeresschutzgebieten klafften die Versprechungen mit der Realität auseinander: Deutschland ist hier mit einem Vertragsverletzungsverfahren der EU konfrontiert. Offen ist auch, woher das Geld für den "Blue Action Fund" von Entwicklungshilfeminister Gerd Müller zur Finanzierung des Meeresschutzes kommen soll.
Völkerrechtlich ist eine gemeinsame Verwaltung der Ozeane schwierig. Küstengebiete stehen unter der Hoheit der Nationalstaaten, in einem Abstand von 200 Seemeilen zum Staatsgebiet haben die Staaten außerdem exklusive Rechte über die Ausbeutung der Ressourcen. "Wir denken über den Ozean nach wie über Land, das man unterteilen kann wie Parzellen", sagt die Seerechtsexpertin Nele Matz-Lück von der Universität Kiel. Auf dem Meer lasse sich aber kein Zaun ziehen. "Einem Fischschwarm ist es völlig egal, ob er von einem Hoheitsgebiet ins nächste schwimmt", sagt die Juristin. Viele Umweltprobleme seien zudem lange bekannt. Schon das Seerechtsübereinkommen (SRÜ) von 1982 verpflichtet Staaten auf den Schutz der Meeresumwelt. Noch mehr Regeln und Verträge seien eigentlich nicht zielführend, sagt Matz-Lück. Entscheidend sei vielmehr der Wille der nationalen Regierungen.
Dass viele Staaten sich nun ehrgeiziger zeigen, hat damit zu tun, dass die Probleme in den Ozeanen bedrohlicher werden. Fisch ist für die Menschheit die wichtigste Eiweißquelle, doch knapp ein Drittel der weltweiten Bestände sind überfischt, weitere 60 Prozent am Limit. Außerdem gelangen jedes Jahr etwa acht Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane ( Grafik oben). Da viele Fische das Plastik für Plankton halten, landet der Müll früher oder später über die Nahrungskette wieder auf den Esstischen. Eine weitere massive Herausforderung ist der Klimawandel, der auch im Meer die Temperaturen steigen lässt, was sensible Ökosysteme wie Korallenriffe schädigt.
Die Ozeankonferenz war auch das erste Treffen einiger Staatschefs und Regierungsvertreter zum Schutz der Umwelt, nachdem US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte, aus dem Klimaabkommen von Paris aussteigen zu wollen. "Die Konferenz war von der Haltung ,jetzt erst recht' geprägt", berichtet Steffi Lemke. "Nach meiner Einschätzung hat Trump das Gegenteil von dem erreicht, was er erreichen wollte."
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