Süddeutsche Zeitung

Ornithologie:Wie Vögel den Müll rausbringen

Lesezeit: 1 min

Ohne viel Federlesen: Abwechselnd und in biologisch abbaubarer Mülltüte entsorgen Vogelpaare ihren Abfall.

Von Katrin Blawat

In jedem ordentlichen Haushalt wird der Müll regelmäßig hinausgebracht. Oft sogar abwechselnd von verschiedenen Familienmitgliedern. Das gilt auch für überraschend viele Vogel-Wohnungen. Biologen um Juan Diego Ibáñez-Álamo von der Universität Groningen haben die Müllentsorgung von 417 Vogelspezies aus 19 Gattungen untersucht, die gerade Nachwuchs bekommen hatten ( Animal Behaviour): Fast 95 Prozent der Arten entfernen demnach regelmäßig den Kot der Jungtiere: Mäusebussarde genauso wie Sperber, Blaukehl-Hüttensänger und Blaumeisen.

Vor allem viele Singvögel zeigen dieses Verhalten. 97 Prozent der Müll-Entsorger benutzen sogar eine nachhaltig produzierte und biologisch abbaubare Mülltüte: Die Jungvögel dieser Arten sondern zusammen mit dem Kot gleich auch noch eine geeignete Verpackung ab, eine schleimhaltige Membran, genannt Fäkalsack.

Anders als ihre umtriebigen Eltern sind die flugunfähigen Jungvögel Nestbeschmutzer. Wird der Kot nicht entsorgt, kann das für alle Familienmitglieder gefährlich werden. Er zieht nämlich nicht nur Fliegen, Parasiten und Bakterien an, sondern macht durch seinen Gestank auch Fressfeinde auf die Familie aufmerksam.

Wie in vielen Menschen-Haushalten machen die Kleinen auch in Vogelfamilien den meisten Dreck, und die Großen sind dafür zuständig, alles wieder sauber zu machen. Beim Nestputz fliegen die Eltern mit dem Fäkalsack im Schnabel je nach Art mehr oder weniger weit vom Nest weg und lassen den Müll dann fallen. "Nest-Hygiene ist ein wichtiger Teil des elterlichen Verhaltens", schreiben die Autoren.

Beim Goldspecht sind die Männchen dafür zuständig, den Abfall wegzubringen

Ihrer Literaturrecherche zufolge funktioniert dabei die Arbeitsteilung zwischen Weibchen und Männchen recht gut: Bei 92 Prozent der untersuchten Arten teilen sich die Geschlechter die lästige Aufgabe, den Müll wegzubringen. In den übrigen Fällen macht derjenige Elternteil sauber, der für die Kinderbetreuung zuständig ist. Meist sind das die Weibchen. Eine Ausnahme ist der Goldspecht, wie kanadische Forscher vor einiger Zeit herausgefunden haben. Bei dieser Art übernehmen die Männchen den größten Teil der Brutpflege und bringen auch die Fäkalsäcke häufiger weg als die Weibchen.

Ibáñez-Álamo, der Erstautor der aktuellen Untersuchung, hat bereits in früheren Experimenten die Funktion des Fäkalsacks erforscht. Dieser erleichtert es zum einen den Altvögeln wegen seiner Kompaktheit, den Müll wegzubringen. Zum anderen wirkt er als mechanische Barriere gegen im Kot lebende Bakterien, die die Nestbewohner infizieren könnten. Werden die Jungvögel flügge, hören sie auf, Fäkalsäcke zu produzieren.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3367621
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.02.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.